Die Macht der Pause

Nimm dir Zeit zum Nachdenken

Nein, heute geht es nicht darum, dass du in deinem Alltag Pausen machen sollst. Natürlich sollst du das tun, aber das ist nicht die Art von Pause, über die ich heute sprechen möchte.

Gönnst du dir in Gesprächen oder in besonderen Situationen die Gelegenheit, einen Moment lang nachzudenken, bevor du reagierst?

Oft geraten wir in unserem hektischen Alltag in Schwierigkeiten, weil wir den Drang verspüren, sofort auf alles zu antworten, immer eine Lösung parat zu haben oder sofort Ja oder Nein sagen zu müssen.

Schnelle Reaktion = Kompetenz?

Es ist Teil unserer kulturellen Prägung. Kulturell gesehen gilt es als Zeichen von Kompetenz, schnell zu antworten und sofort zu reagieren. Wer erst nachdenken muss, wird möglicherweise bereits in der Schule belächelt. Während du über deine Antwort nachdenken musstest, könnte dein Nachbar bereits an der Reihe gewesen sein und du standest irgendwie blöd da.

Solche Situationen haben wir im Leben oft erlebt. Und was wir daraus mitgenommen haben, ist die Vorstellung, dass du, um kompetent zu erscheinen, sofort eine Antwort parat haben musst. Du musst sie aus dem Ärmel schütteln.

Bei Fachthemen selbstverständlich, im Leben ungewohnt

Als Steuerberater haben wir im Laufe der letzten Jahrzehnte gelernt, dass wir nicht mehr jede Antwort aus dem Ärmel schütteln können. Das ist bereits ein guter Schritt in die richtige Richtung. Denn an vielen Stellen müssen wir fachlich zugeben: „Ich kann das nicht sofort beantworten, ich muss erst recherchieren.“

Für uns ist es sinnvoller, nicht einfach irgendetwas zu sagen, um klug zu wirken, sondern unseren Mandanten die Ehre zu erweisen und zu sagen: „Ich möchte dir eine korrekte Antwort geben. Deshalb nehme ich mir die Zeit, um zu überlegen, wie die beste Antwort auf deine Frage lauten könnte.“

Was wir meistens nicht tun ist, dies auf unser tägliches Leben übertragen. Und das ist im heutigen schnelllebigen Modus ziemlich kontraproduktiv, würde ich sagen.

Der größte Feind der Qualität ist die Eile.

Henry Ford

Unser Drang, schnell zu reagieren, führt häufig dazu, dass wir in unserem Alltag unüberlegte Zusagen machen, die wir zwar dann trotzdem unter größtem Einsatz, auf Kosten unserer Gesundheit oder Freizeit, oder beidem, einhalten, was jedoch großen Stress für uns verursacht.

Die zweite Situation, in der dies meistens ungünstig endet, ist, wenn wir uns in einem Gespräch mit jemandem angegriffen fühlen oder tatsächlich angegriffen werden. Wenn jemand mit seiner schlechten Laune quasi in unser Leben platzt und uns Aussagen entgegenwirft, auf die wir reagieren sollen.

Ob es nun angemessen ist oder ob es uns in diesem Moment einfach triggert, spielt dabei keine Rolle. Die Eskalationsgefahr steigt. Und vermutlich war jeder von uns schon einmal in der Situation, im Nachhinein zu denken: „Ups, das ist schnell außer Kontrolle geraten. Das hätte man sicherlich friedlicher lösen können.“

Was kannst du tun, um das zu vermeiden?

Für mich ist einer der entscheidenden Aspekte, Pausen einzulegen, insbesondere Denkpausen.

Wenn wir uns erlauben, Pausen zu machen und in aller Ruhe über Dinge nachzudenken, finden wir sicherlich qualifiziertere Antworten für unser Gegenüber. Das gilt sowohl für Fachfragen, wo wir es uns bereits erlauben, als auch beispielsweise für Terminzusagen, wo wir es normalerweise nicht tun.

Wir sitzen mit unserem Mandanten, unserem Kunden, im Gespräch und besprechen, was zu erledigen ist. Der Mandant fragt dann: „Bis wann wird das fertig sein?“

In diesem Moment machen wir meist nur eine grobe Abschätzung, wie viel Zeit wir ungefähr benötigen werden. Oft übersehen wir dabei, dass wir zuerst prüfen sollten, welche anderen Zusagen wir noch auf unserer Liste haben, in unseren Kalender schauen sollten, da es dort oft nicht eingetragen oder blockiert ist, und dann einen Termin aus dem Ärmel schütteln, wie zum Beispiel: „Bis nächsten Freitag sollte es erledigt sein.“ Das macht es schwierig, wenn wir zuvor keine Überprüfung vorgenommen haben, wie realistisch diese Zusage ist, und bringt uns letztendlich in Schwierigkeiten. Falls dir das gerade bekannt vorkommt, schau dir hierzu auch gerne noch einmal meinen Blogartikel Nur Termine und nix erledigt? an.

Denkpausen verhindern das schlechte Gewissen

Das bedeutet, wenn wir vielleicht schon Zusagen für die kommende Woche gemacht haben und uns nun gezwungen gefühlt haben, schnell eine Antwort zu geben, oder wenn der Auftrag aus anderen Gründen nun in ein ungünstiges Zeitfenster fällt, haben wir am Ende ein schlechtes Gewissen, wenn wir diese Zusagen nicht einhalten können.

Wir haben bereits mehrmals darüber gesprochen, was dieses schlechte Gewissen an Folgen für uns und unsere Kanzleien oder Unternehmen auslöst. Es führt dazu, dass wir unserem Kunden, unserem Mandanten, nicht mehr wirklich auf Augenhöhe begegnen, weil wir das Gefühl haben, nicht die gewünschte Leistung erbracht zu haben oder nicht innerhalb des vorgestellten Zeitfensters.

Dadurch entsteht bei uns selbst der Eindruck, dass wir unseren Mandanten, unseren Kunden in irgendeiner Weise entgegenkommen müssen, oft in Form einer reduzierten Rechnung oder anderen Zugeständnissen. Das ist kontraproduktiv.

Denkpausen sind gelebte Wertschätzung

Wenn wir uns erlauben, eine Pause einzulegen und in solchen Gesprächen zum Beispiel zu unseren Mandanten zu sagen: „Ich sage Ihnen gerne später Bescheid, ich schaue erstmal in meinen Kalender und prüfe, was ich Ihnen realistisch zusagen kann“, dann ist dies nicht nur für uns entspannend, sondern auch der Mandant erlebt die Wertschätzung, die wir ihm entgegenbringen, indem wir ihm keine Zusagen machen, die wir später vielleicht nicht einhalten können. Das ist der Zauber der Pause, insbesondere wenn es um Terminzusagen geht.

Denkpausen verhindern unnötige Eskalationen

In der anderen Situation, wenn es zum Beispiel um einen verbalen Übergriff geht, wenn jemand uns im Gespräch angegriffen hat oder wir uns angegriffen fühlen, schenkt eine Pause dir Zeit, kurz darüber nachzudenken: Was ist eigentlich gerade passiert? Hat derjenige einen wunden Punkt bei mir getroffen oder hat er das wirklich so gemeint, wie es vielleicht die Position und Situation des anderen erklärt?

Vielleicht kennst du deinen Mandanten schon eine Weile und merkst, dass er gerade sehr aufgeregt ist. Ist sein Verhalten ein übliches Muster oder eher ungewöhnlich? All das kann deine Reaktion beeinflussen, wenn du dir erlaubst, diese Nuancen zu bemerken.

Danach kannst du überlegen, wie du darauf reagieren möchtest. Auf diese Weise kannst du Eskalationen vermeiden und besser mit deinem Mandanten ins Gespräch kommen, um Lösungen zu erarbeiten.

Das bedeutet, es fällt dir viel leichter, selbst im Lösungsmodus zu bleiben. Und wenn du ruhig bleibst, ist die Wahrscheinlichkeit viel höher, dass dein Gegenüber sich ebenfalls zur Ruhe kommt und ihr zu deutlich besseren Ergebnissen gelangt.

Alles Übungssache

Jetzt ist das natürlich erst einmal total ungewohnt für uns. Wir sind konditioniert, schnell Antworten geben zu müssen. Und ich kann dir schon jetzt garantieren, wenn du es ausprobierst, wird es mal funktionieren und mal weniger gut klappen. Aber das macht nichts, denn es ist tatsächlich eine Übungssache, eine Frage des Trainings und auch eine Frage des Mindsets.

Der Moment, in dem wir uns die Pause nehmen, fühlt sich anfangs komisch an. Es ist unangenehm und wir fühlen uns unter Druck, was uns natürlich dabei behindert, unsere Gedanken zu ordnen.

Dennoch kann ich dir wirklich sehr empfehlen, es im Alltag einfach zu üben.

Tipp 1 – lass dich nicht drängen

Wenn dich jemand am Telefon angreift oder dich gefühlt oder real unter Druck setzt, sofort auf etwas zu antworten, nimm dir die Zeit und sei einfach mal still.

Das führt manchmal dazu, dass unser Gegenüber etwas fragt, wie: „Sind Sie noch dran?“ oder „Hören Sie noch zu?„.

In solchen Situationen kannst du zum Beispiel ganz ruhig antworten: „Ja, ich denke gerade darüber nach. Geben Sie mir noch einen Moment.“

Das ist eine sehr souveräne Antwort und zeigt auch deinem Gegenüber deine Wertschätzung. Du nimmst seine Frage, sein Anliegen oder was auch immer gerade passiert ist, ernst, indem du nicht einfach eine beliebige Antwort gibst, die dir als Erstes einfällt. Stattdessen nimmst du dir die Ruhe und Zeit, um darüber nachzudenken und die beste Antwort zu finden.

Dadurch, dass du den Gesprächsrhythmus beruhigst, gibst du deinem Gegenüber auch die Möglichkeit, das Gesagte noch einmal nachklingen zu lassen und über seine Forderung oder Idee kurz nachzudenken. Dies kann besonders in hitzigen Situationen zu einem deutlich besseren Gesprächsergebnis führen.

Tipp 2 – Lieber ein Nein, als ein unüberlegtes Ja

Natürlich gibt es immer diese Spezialisten, die sofort eine Antwort erwarten. Hier habe ich einen kleinen Tipp für dich, der in vielen Fällen gut funktioniert. Du darfst ihn natürlich souverän und „für Erwachsene“ kommunizieren 😉

Diese Strategie hat meine Mutter oft bei mir angewendet, wenn ich etwas wollte. Und ich muss zugeben, ich bin kein sehr geduldiger Mensch. Ungeduld ist sozusagen mein zweiter Vorname. Ich möchte am liebsten immer sofort alles wissen und haben.

Wenn ich also zu meiner Mutter gegangen bin und gesagt habe: Darf ich zu meiner Freundin gehen? Oder: Bekomme ich ein Eis?“ und sie mir darauf antwortete mit „Ich denke darüber nach“ und ich dann drängelte, hat sie mir immer geantwortet:

„Wenn du es sofort wissen willst, ist die Antwort Nein.“

Das lässt sich natürlich auch in der Kommunikation zwischen Erwachsenen gut verwenden. Wenn jemand wirklich drängt und nachhakt: „Und wann ist es denn jetzt?“, dann können wir ehrlich und souverän darauf antworten: „Wenn Sie von mir jetzt eine Antwort verlangen, ist die Antwort Nein. Ich werde erst in Ruhe nachsehen und dann werden Sie von mir eine qualifizierte Antwort bekommen.“

Wichtig ist, diese Antwort ruhig und souverän zu vermitteln, um deinem Gegenüber Gelegenheit zu geben, zu erkennen, dass es sich gerade wie ein dreijähriges Kind verhält und es dennoch das Gesicht wahren kann.

Ich hoffe, dass dies ein interessanter Tipp für dich war. Es ist ein faszinierendes Gebiet, in dem du dich ausprobieren kannst. Lass es mich gerne wissen, welche Erfahrungen du damit gemacht hast, das interessiert mich sehr.

Bis bald und liebe Grüße,

Deine Benita.

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Über die Autorin

Benita Königbauer

Ich bin Benita, Business Mentorin, Profit First Professionals-Ausbilderin, zertifizierte Fix-This-Next-Beraterin, Wirtschaftsmediatorin und Steuerberaterin aus München und ich finde: das Unternehmerleben darf auch leicht sein! Falls Du Dich also schon mal gefragt hast, warum manche Unternehmer offenbar einfach mühelos erfolgreich sind und andere scheinbar immer 'von-der-Hand-in-den-Mund" leben, weißt Du schon, wo ich mich am liebsten tummele 🙂

Außerdem bin ich Übersetzerin für "Bürokratisch - Deutsch", "Umständlich - Deutsch" und "Peinlich - Deutsch" im Bereich Finanzen und Erfolg. Ich schreibe und spreche also über Themen, um die wir gerne einen Bogen machen und deshalb dann eben oft auf der Stelle treten.

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