Heute geht es um ein super wichtiges und eigentlich immer brandaktuelles Thema:
Was tun, wenn deine Mandanten zu spät liefern – und du am Ende darunter leidest?
Gerade jetzt, in dieser Fristsaison, taucht das natürlich überall auf. In jeder VIP-Session, in jeder Mastermind: „Ich ersaufe in den 2023er-Fällen.“
Aber eigentlich ist es egal, welche Frist oder welches Jahr. Es ist jedes Mal dasselbe Spiel. Kurz vor Fristende kommt der große Stress.
Und gefühlt liefern alle Mandanten zu spät.
Natürlich stimmt das nicht. Es gibt viele Mandanten, die sich an Absprachen halten und frühzeitig liefern. Aber kurz vor knapp spüren wir vor allem die, die es eben nicht tun. Und genau deshalb ist gerade jetzt der Wunsch nach einer Lösung besonders groß.
Deshalb heute hier mal der Versuch, etwas Klarheit hineinzubringen – sowohl für jetzt als auch langfristig.
Warum passiert das überhaupt?
Die meisten Mandanten handeln böswillig. Sie wollen uns nicht ärgern oder unter Druck setzen – jedenfalls nicht mit Absicht.
Viele verlassen sich einfach darauf, dass wir sie führen.
Und das ist kein Wunder. Denn, was haben wir in den letzten Jahren gemacht?
Wir haben ihnen beigebracht, dass es „schon irgendwie geht“. Dass wir es noch irgendwie schaffen, egal, wie lange sie uns in der Luft hängen lassen.
Schlimmer noch, wir haben sogar offen kommuniziert:
„Die Frist für die Steuererklärung 2023 ist der 31.05.2025.“ Oder:
„Für 2024 ist der Stichtag der 30.04.2026.“
Und damit denken Mandanten: „Perfekt. Ich habe ja noch ewig Zeit. Ich kann mich entspannen.“
Wir haben sie daran gewöhnt, dass sie spät liefern dürfen – weil wir sie immer wieder gerettet haben.
Wir haben sie tausendmal erinnert.
Und tausendmal ist nichts passiert.
Kurz vor Fristablauf wiederholt sich der jährliche Wahnsinn.
Endlich passiert es doch.
Die Unterlagen sind da.
Wir machen uns krumm, legen Nacht- und Wochenendschichten ein, schlittern auf dem letzten Atem über die Frist-Ziellinie …
Und wir denken: „Puh, gerade noch mal gut gegangen.“
Und dann sagen wir: „Nächstes Jahr aber nicht noch mal.“
Und der Mandant sagt: „Nächstes Jahr aber nicht noch mal.“
Und dann passiert – das Leben. Und alles läuft wieder genauso.
Das ist nichts, was man jemandem vorwerfen kann – das ist ein Muster, das sich über Jahre eingeschliffen hat.
Und es wird sich nicht ändern, solange wir es nicht aktiv verändern.
Was viele nicht wissen (und wir selbst manchmal auch vergessen)
Die Fristverlängerung gilt für Steuerberater – nicht für Mandanten.
Der Gesetzgeber hat niemals gesagt: „Lieber Mandant, du hast länger Zeit, nur weil du einen Steuerberater beauftragst.“
Der Gesetzgeber hat gesagt: „Mir ist klar, dass die Steuerberater die Masse aller Erklärungen nicht bis zum 31. Juli bewältigen können. Deshalb gewähre ich dem Berufsstand eine Fristverlängerung.“
Das bedeutet:
Wenn du deine Mandanten so informierst, dass sie denken, sie hätten Zeit bis zum 31.05., dann gibst du deine Frist aus der Hand.
Und dann fangen sie an, mit deiner Zeit zu rechnen.
Der Unterschied liegt in der Formulierung:
„Die Frist für Ihre Erklärung ist der 31.05.2025“
vs.
„Ich als Steuerberaterin habe Zeit bis 30.04.2026 – dafür brauche ich Ihre Unterlagen bis zum 31.07.2025 (also innerhalb deiner gesetzlichen Frist).“
Das ist eine völlig andere Botschaft. Und sie kommt auch völlig anders beim Mandanten an.
Deine Verantwortung – und wo sie endet
Natürlich kannst du deine Zeit mit deinem Mandanten teilen – wenn du willst.
Wenn dein Mandant seine Unterlagen bis zum 31.10. bringt – und du vorher klar kommuniziert hast, dass das der letztmögliche Annahmetermin ist – dann ist das fair.
Wenn er sie später bringt, nicht vollständig liefert oder du ihm hinterherlaufen musst, ist das Einhalten der Frist nicht mehr deine Verantwortung.
Du darfst dann mit Fug und Recht sagen:
Ich werde mein Möglichstes tun – aber eine Garantie für eine fristgerechte Abgabe kann ich nicht mehr übernehmen.
Und genau das tust du dann auch: Du kümmerst dich vorrangig um diejenigen, die die Regeln eingehalten haben und für die anderen tust du, was im normalen Geschäftsgang eben möglich ist.
Es ist und bleibt immer die Steuererklärung deines Mandanten. Sie wird nie zu deiner.
Und deshalb ist es auch nicht deine Verantwortung, jedes Jahr alle zu retten, die ihrer eigenen Verantwortung nicht nachgekommen sind.
Wenn du natürlich selbst zu spät bist, obwohl der Mandant alles pünktlich gebracht hat – vielleicht weil du dich verkalkuliert hast, weil Kapazitäten gefehlt haben oder weil etwas schiefgelaufen ist – dann ist das etwas anderes.
Doch wenn Mandanten über Monate hinweg nicht liefern – dann nicht.
Fairness in der Wunschkanzlei heißt: klare Regeln
Es fühlt sich oft unfair für uns an, wenn wir treue Mandanten, die sich an die Regeln halten, zurückstellen und benachteiligen, weil andere sich nicht an Absprachen halten.
Denn in diesen Zeiten werden die, die zu spät liefern, bevorzugt bearbeitet (weil ja die Frist droht) – und die, die alles richtig machen, müssen mit ihren Anliegen warten, bis die Krise bewältigt ist.
Deshalb:
Wenn du Fairness willst, wirst du Konsequenzen für die schaffen müssen, die sich nicht an die Regeln halten.
Und das bedeutet:
Wer sich auf unsere Kosten Zeit verschafft und zu spät liefert, wird nach hinten gestellt.
Wer sich an Absprachen hält und uns damit erlaubt, unser Bestes zu geben, ohne uns aufzureiben, wird mit Verlässlichkeit belohnt.
Dafür müssen alle Beteiligten Verantwortung übernehmen – auch der Mandant.
Was du tun kannst (kurzfristig & langfristig)
Kurzfristig
Die interne Eskalationsliste:
Das Wichtigste ist jetzt, Schaden von der Kanzlei fernzuhalten.
- Wo stehst du selbst tatsächlich noch in der Verantwortung für die Frist (zB weil der Mandant alles rechtzeitig gebracht hat)?
- Wo ist das Schadenspotenzial hoch – z. B. wegen drohender Zuschläge, Sonderkonstellationen etc.
- Welche Fälle willst du noch retten – und welche nicht mehr?
Falls du entscheidest, jemanden noch mal zu retten, obwohl er eine faire Zusammenarbeit hat vermissen lassen:
Sag es klar – und sag auch, dass es das letzte Mal ist.
Und überlege, ob du Eilzuschläge berechnest. Nicht als Strafe, sondern als Ausgleich.
Denn:
Wenn du Feiertage durcharbeitest, Überstunden schiebst oder dein Team ausbrennt – dann ist das ein Kostenfaktor. Und diese Kosten dürfen – nein, müssen – auch wirtschaftlich abgebildet werden.
Ein Zuschlag von 25 % bis 100 % auf die Bearbeitung von verspätet eingereichten Fällen ist absolut legitim.
Wichtig ist nur: Der Mandant muss vorab informiert sein.
So hat er die Wahl. Und das ist fair.
Langfristig:
Sobald die aktuelle Frist bewältigt ist – geh offen in die Kommunikation.
Nicht irgendwann. Sofort.
„Das war das letzte Mal so. Ab jetzt gilt das.“
„Am … ist der neue Annahmeschluss für unsere Fristengarantie.“
„Ab dem Datum … entstehen Eilzuschläge in Höhe von ….“
Bei Führung denken wir immer nur an unser Team – doch Führung passiert auch beim Mandanten. Und wenn du willst, dass dein Nervenkostüm (und das deines Teams) nicht dauerhaft leidet, dann brauchst du Haltung.
Keine Härte.
Haltung.
Und wenn du dich jetzt fragst…
… ob das wirklich geht?
Ob du das deinen Mandanten „zumuten“ kannst?
Dann frag dich bitte im Gegenzug:
Willst du wirklich mit Mandanten arbeiten, die nicht bereit sind, ihren Teil der Verantwortung für ihre eigene Steuererklärung zu übernehmen? Die dich und dein Team jedes Jahr unter Druck setzen – und es als selbstverständlich ansehen?
Nicht jeder Mandant wird deine neuen Regeln mitgehen.
Und das ist okay.
Die Frage ist: Willst du überhaupt, dass sie bleiben?
Zum Schluss
Wenn du jetzt mitten im Fristendruck steckst:
Hol einmal tief Luft. Priorisiere. Zieh deine Linie. Und entscheide ganz bewusst, wo deine Energie und deine Ressourcen jetzt am besten investiert sind.
Und wenn du das Thema gerne weiterdenken möchtest – in Struktur, mit Austausch, mit Lösungen: Dann schau gerne mal auf meiner Website vorbei.
Dort findest du unter anderem meine sieben Anti-Stress-Hacks für Steuerberater.
Denn du bist mit diesem Thema nicht allein.
Wirklich nicht. Wir alle kennen das.
Und gemeinsam finden wir Lösungen, die funktionieren – auch für deine Wunschkanzlei.
Liebe Grüße
Deine Benita