Das Gold unter deinem Schreibtisch

Geld nicht verschenken

Hast du auch ein bisschen Gold unter deinem Schreibtisch versteckt? 

Was meine ich wohl damit? Ich habe mir überlegt, heute sprechen wir über das Thema Prozesse. 

Ich weiß, dass es für ganz viele ein Gähn-Thema ist und einige haben jetzt vielleicht auch schon die Öhrchen angelegt. Doch tatsächlich sind Prozesse so viel mehr als Arbeitsanweisungen.

Im Kontext dieses Beitrags können Prozesse dir helfen, das Gold unter deinem Schreibtisch zu heben.  

Klare Prozesse ergeben klare Angebote

Nehmen wir an, du definierst einen Prozess für dich völlig klar, zum Beispiel deinen Standardprozess der Buchführung, deinen Fibu-Prozess.

Wenn wir einen Schritt weitergehen und innerhalb des Fibu-Prozesses klären, welche Schritte tatsächlich zur Grundleistung der Fibu gehören und welche Teile des Prozesses als Sonderleistungen im Rahmen der Buchführung gelten, hilft uns das dabei, profitable Angebote für unsere Mandanten zu erstellen. Und zwar so, dass sie von jedem verstanden werden.

Du selbst verstehst dein eigenes Angebot und es ist einheitlich für alle Mandanten.

Dein Mandant versteht das Angebot, weil du es ihm sonnenklar präsentieren kannst.

Auch deine Mitarbeiter wissen genau, welche Leistungen des Fibu-Prozesses sie auf welche Art erfassen müssen.

Den Goldschatz heben

Dank dieser Vorarbeit kannst du deine Rechnung so verfassen, dass die Wertschöpfung für die Kanzlei vollständig erzielt wird. Dabei bleibst du im Rahmen deiner Werte, deiner Prozesse und deiner Vereinbarung mit deinem Mandanten. 

Genau das meine ich mit dem Gold unter deinem Schreibtisch.

Das Gold unter deinem Schreibtisch ist eine Metapher für das Potenzial von Einkommen, das in vielen Kanzleien ungenutzt bleibt, wenn die Prozesse nicht klar aufgeteilt sind in Grundleistungen und Sonderleistungen. 

Es ist ärgerlich, wenn Leistungen, die eindeutig und klar zu den Sonderleistungen gehören, nicht abgerechnet werden, nur weil niemand sich wirklich im Klaren darüber ist, wo die Grenze verläuft.

Wenn ich jedes Mal nur einen Euro bekäme, wenn ich das in einer Kanzlei sehe, wäre ich bereits zufrieden und bräuchte kein Gold mehr unter meinem Schreibtisch.

Goldschatz heben in drei Schritten

Deshalb finde ich es so spannend, Prozesse auch vor diesem Hintergrund zu betrachten.

Schritt 1: Klarheit im Leistungsprozess

Wenn es für deine Mitarbeiter momentan noch nicht vollständig klar ist, unter welcher Leistungsart sie ihre Leistungen erfassen sollen, wäre dein erster Schritt, direkt im Prozess zu definieren, was zu welcher Leistungsart gehört.

Tatsächlich, wenn du einmal einen genauen Blick in die Steuerberatervergütungsverordnung wirfst, wirst du sehen, was genau zur eigentlichen Buchführung gehört. Ich muss sagen, für mich war das sehr aufschlussreich, denn tatsächlich umfasst der Gebührentatbestand der Buchführung deutlich weniger Leistungen, als ich in meiner eigenen Kanzlei angenommen hatte.

Dadurch lassen wir unnötigerweise Geld liegen.

Also schafft zunächst einmal Klarheit für euch selbst:

Was gehört tatsächlich zum Grundprozess und welche Leistungen sind eigentlich Sonderleistungen? 

Schritt 2: Schau genau hin und lass dich überraschen

Im zweiten Schritt fangt einfach damit an, die Einzelleistungen sauber in der Zeiterfassung zu trennen.

Bis zu diesem Punkt müsst ihr den Mandanten noch nicht einbeziehen. Ihr schafft zunächst Klarheit für euch selbst. In diesem Schritt geht es darum, dass deine Mitarbeiter, wenn sie die Zeiterfassung durchführen, die Sonderleistungen textlich so aufbereiten, dass sie rechnungsrelevant sind.

Dadurch kannst du später, wenn du die Rechnung erstellst oder dein Mitarbeiter sie für dich vorbereitet, den Text direkt aus der Zeiterfassung übernehmen und in die Anmerkung zur Fibu-Sonderleistung einfügen.

Dadurch wird mit einem Blick auf die Rechnung sowohl für dich als auch für deinen Mandanten klar ersichtlich, womit der Mandant diese zusätzliche Leistung eigentlich ausgelöst hat.

Sonderleistungen sind gesonderte Dienstleistungs-Aufträge

Denn letztendlich werden Sonderleistungen in einem Prozess wie der Fibu so gut wie nie durch die Kanzlei ausgelöst, sondern in der Regel dadurch, dass der Mandant an irgendeinem Punkt versehentlich oder absichtlich Sand ins Getriebe wirft.

Das bedeutet, wir bekommen die Fibu nicht so, wie wir sie brauchen, um sie stringent verarbeiten zu können. Es fehlen Belege oder es sind Belege mehrfach hochgeladen worden, die beispielsweise Lieferscheine, Kreditkartenabrechnungen, Zahlungsbestätigungen und Rechnungen desselben Sachverhalts enthalten. Wir müssen sie also zusammensuchen und zusammenführen.

Wir müssen jedes Mal aufs Neue überprüfen, ob wir die Rechnung bereits hatten oder noch nicht – Du weißt, wovon ich spreche.

All das sind Sonderleistungen, die in der Peripherie der Buchführung stattfinden. Sie sind fast immer nicht durch den Gebührentatbestand der Fibu abgedeckt.

Wenn du diese Klarheit bezüglich der Sonderleistungen hast, wenn du dir diese genauer anschaust – du kannst das gerne erst einmal ein paar Monate beobachten – und dann einen Eindruck gewinnst, was da tatsächlich an zusätzlichen Dienstleistungen zusammenkommt, kann ich dir jetzt schon versprechen, dass dies ein wahrer Augenöffner für dich sein wird.

Schritt 3: Wie sag‘ ich’s dem Mandanten?

Jetzt bleibt natürlich noch die Frage: Wie kommuniziere ich, dass ich diesen Goldschatz unter meinem Schreibtisch jetzt gerne heben möchte? Vor allen Dingen, wenn deine Mandanten lange Zeit daran gewöhnt sind, dass dafür nichts zusätzlich berechnet wird?

Idealerweise kannst du dies zum Beispiel im Rahmen einer umfassenden Umstellung deiner Preis- und Angebotsmodelle tun.

Das bedeutet, sobald du diese Informationen hast und weißt, was zur Grundleistung gehört, kannst du deine Preise und Angebote für deine Wunschkanzlei neu gestalten.

Du kannst beispielsweise eine Buchführungspauschale für die Grundleistungen mit deinem Mandanten vereinbaren, um beidseitige Verlässlichkeit zu gewährleisten. Natürlich kannst du dafür auch die Steuerberatervergütungsverordnung heranziehen, um eine gesetzliche Grundlage zu haben, die möglicherweise keiner weiteren Erklärung bedarf.

So, und an dieser Stelle gibt es eine klare Grenze. Das bedeutet, dein Mandant darf genau wissen, was inbegriffen ist und welche Aufgaben er in diesem Prozess hat, um sicherzustellen, dass seine Zahlung und Gegenleistung auf das beschränkt sind, was tatsächlich zur Fibu gehört und er keine Sonderleistungen auslöst.

Dein Mandant hat es selbst in der Hand

Tatsächlich ist es so, dass der Mandant in den meisten Fällen den Anfall und Umfang von Sonderleistungen durch sein eigenes Verhalten persönlich beeinflussen kann. Das tut er jedoch oft nicht, weil er schlichtweg nicht weiß, welche Auswirkungen zum Beispiel ein fehlender Beleg oder ein mehrfach vorgelegter Beleg auf den zusätzlichen Arbeitsaufwand in der Kanzlei haben kann.

Meist haben wir ihm vielleicht die letzten Jahre auch nicht klar kommuniziert, was an so einer „Kleinigkeit“ dranhängt.  Wir oder unsere Mitarbeiter, wir sitzen zwar manchmal da, rollen mit den Augen, weil er schon wieder nicht ordentlich sortiert hat. Und dann … ziehen wir es einfach durch, weil wir es immer schon so gemacht haben. 

„Weiter so!“ ist keine Option mehr

Genau in diesen Momenten ist es jetzt wichtig, dass wir mit dem Mandanten in die Kommunikation gehen und ihm mitteilen: „Pass auf, in Zukunft läuft es anders. Das ist die Grundleistung Fibu, die Sonderleistungen haben wir bisher nicht berechnet. In Zukunft werden wir das tun. Doch du hast es selbst in der Hand, in welcher Größenordnung sie anfallen und wir helfen dir dabei.”

Ungewohnt? Keineswegs!

Falls du gerade einen inneren Widerstand verspürst und denkst: „Aber das ist doch irgendwie seltsam, das haben wir nie so gemacht“, dann kann ich dir versichern, dass dies für deinen Mandanten überhaupt nichts Ungewöhnliches ist.

Das macht er jeden Tag. Er überlegt sich täglich, ob er beispielsweise morgens beim Bäcker eine einfache Brezel kauft und dafür vielleicht 0,75 € bezahlt. Anschließend trägt er sie nach Hause oder ins Büro und setzt dort seine eigene Arbeitsleistung und sein eigenes Material ein, um aus dieser einfachen Brezel eine Butterbrezel zu machen.

Er kann das selbst tun, mit seinem eigenen Material und seiner eigenen Zeit. Er kann sich selbst mit der einfachen Brezel – in diesem Fall der einfachen FIBU – Zeit nehmen, um sie so vorzubereiten, dass er nur den FIBU-Anteil bezahlen muss. Den Rest fügt er quasi durch seine Sorgfalt, Vollständigkeit und sein eigenes Engagement hinzu, sodass du es ihm nicht gesondert berechnen musst. 

Oder er kann sich überlegen: „Ich möchte meine Belege nicht sortieren. Ich habe keine Lust zu prüfen, ob vielleicht schon ein Lieferschein dabei war. Das ist mir alles zu anstrengend. Ich packe alles zusammen und lasse die Kanzlei das gerne als separate Dienstleistung erledigen.“

Das ist vergleichbar damit, wenn zum Bäcker zu gehen und zu sagen: „Mach mir bitte eine Butterbrezel daraus.“

Natürlich macht der Bäcker das gerne. Er nimmt sein Schneidebrett, sein Messer, nimmt seine eigene Butter, bestreicht die Brezel damit, faltet sie wieder zusammen, packt sie ein und plötzlich kostet das Ganze nicht mehr 0,75€, sondern vielleicht 2€.

Ein völlig normaler Vorgang

Und wenn du darüber nachdenkst, das passiert an vielen Stellen. Für jeden Kunden, an jedem Tag. Dein Mandant ist also daran gewöhnt, dass er, wenn er Teile einer Dienstleistung nicht selbst erbringen möchte, dafür einen Dienstleister gesondert bezahlt.

Er kann dieses Beispiel auch sehr gut auf die Steuerberatung übertragen. Dann ist ihm auch klar, warum es mehr kostet, wenn er eine Sonderleistung in Anspruch nimmt. Genau, wie wenn er eine Butterbrezel kauft, im Vergleich dazu, wenn er nur eine einfache Brezel kauft und selbst daraus eine Butterbrezel macht.

Und das ist der Punkt, an dem deine Mandanten verstehen dürfen, dass sie es selbst in der Hand haben. Du kannst ihnen das auf liebevolle Weise erklären und ihnen auch Beispiele dafür geben.

Ich finde dieses Brezel-Beispiel sehr passend und anschaulich, das ich neulich von einer meiner zauberhaften Abenteuer Wunschkanzei Mastermind Teilnehmerinnen gehört habe (danke dafür 🙂 !).

Wer bestellt, der bezahlt

Deine Mandanten entscheiden selbst über den Umfang ihrer Sonderaufträge. Und sie sind erwachsen genug, sich dessen bewusst zu sein, dass sie, wenn sie sich dazu entscheiden, uns mit einer separaten Dienstleistung zu beauftragen – beispielsweise Sonderleistungen rund um die FIBU – dafür auch mehr bezahlen müssen.

Sie haben die Kontrolle. Sie haben die Wahl. Du zwingst niemanden dazu, dir Belege zu bringen, die er nicht sortiert hat und damit zusätzliche Arbeit für dich zu verursachen. Du zwingst auch niemanden dazu, es nicht zu tun. Das bedeutet, du bist nach wie vor gerne bereit, dies zu übernehmen, aber ab sofort gegen eine Vergütung, die nichts mit der FIBU zu tun hat.

Hilf deinem Mandanten bei der Umstellung

Als ich damals meine Preismodelle in der Kanzlei angepasst habe, habe ich meinen Mandanten genau erklärt, wie sich die Kosten zusammensetzen und wie sie das Auftreten von Sonderleistungen, für die sie künftig zusätzlich bezahlen müssen, verhindern können.

Ich habe ihnen außerdem eine Art Übergangsfrist eingeräumt. Das bedeutet, im ersten Monat, in dem möglicherweise noch Sonderleistungen angefallen sind, weil sie es noch nicht genau umsetzen konnten, habe ich ihnen die Rechnungsposition aufgeführt, habe vermerkt, wie viel Zeit wir dafür investiert haben und was es normalerweise gekostet hätte. Allerdings habe ich hinzugefügt: „Diesmal ohne Berechnung“.

So war es für meinen Mandanten vollkommen klar: Hoppla, ich habe hier bestimmte Sonderleistungen ausgelöst. Das muss ich beim nächsten Mal vermeiden. Diesmal habe ich es noch nicht zahlen müssen, aber in Zukunft werde ich es zahlen müssen. 

Im zweiten Monat, in dem dies möglicherweise noch vorgekommen ist – wobei es bei meinen Mandanten bereits deutlich reduziert war – habe ich die Sonderleistungen wieder auf der Rechnung aufgeführt, jedoch nur die Hälfte des normalen Stundensatzes für diese Zeit berechnet.

In der dritten Rechnung bin ich dazu übergegangen, diese Sonderleistungen gemäß unserer Vereinbarung vollständig zu berechnen.

Falls unsere Mandanten nachgefragt haben, haben wir sie selbstverständlich darüber informiert, wie sie solche Sonderleistungen vermeiden können. Dadurch konnten sie einen Lerneffekt erzielen oder für sich bewusst entscheiden: Ehrlich gesagt, das passt nicht in mein Leben. Es ist mir zu mühsam, daher gebe ich es lieber unsortiert ab. Das möchte ich als zusätzliche Serviceleistung von meiner Steuerkanzlei erhalten. In solchen Fällen waren sie jedoch auch einverstanden und es gab keine Diskussionen über die Rechnung, wenn wir ihnen diese Leistungen berechnet haben.

So, ich hoffe, dass dies ein interessanter Tipp für dich war und dass du eine Vorstellung davon bekommen hast, wie du deine Prozesse in deiner Kanzlei, die du ohnehin gerne aufstellen möchtest, noch weiter optimieren kannst. Zum Nutzen für dich, deine Mandanten und auch für die Klarheit deiner Mitarbeiter.

Lass mich gerne wissen, was du darüber denkst. Ich freue mich darauf, mit dir darüber zu sprechen.

Ich wünsche dir eine wundervolle Woche. Bis zum nächsten Mal.

Deine Benita.

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Über die Autorin

Benita Königbauer

Ich bin Benita, Business Mentorin, Profit First Professionals-Ausbilderin, zertifizierte Fix-This-Next-Beraterin, Wirtschaftsmediatorin und Steuerberaterin aus München und ich finde: das Unternehmerleben darf auch leicht sein! Falls Du Dich also schon mal gefragt hast, warum manche Unternehmer offenbar einfach mühelos erfolgreich sind und andere scheinbar immer 'von-der-Hand-in-den-Mund" leben, weißt Du schon, wo ich mich am liebsten tummele 🙂

Außerdem bin ich Übersetzerin für "Bürokratisch - Deutsch", "Umständlich - Deutsch" und "Peinlich - Deutsch" im Bereich Finanzen und Erfolg. Ich schreibe und spreche also über Themen, um die wir gerne einen Bogen machen und deshalb dann eben oft auf der Stelle treten.

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