Was ich absolut LIEBE daran, mit Steuerberatern, Buchhaltern und Business Coaches zu arbeiten, ist:
Sie stecken bis in die Haarspitzen voller großartiger, zauberhafter, nützlicher und innovativer Beratungs-Ideen und brennen dafür, ihre Kunden damit so richtig voranzubringen!
Doch gerade jetzt spüre ich in meiner Abenteuer Wunsch-Kanzlei Community und in vielen anderen Gesprächen, wie so vielen von ihnen schmerzlich bewusst wird, dass ihr Alltag ganz anders aussieht, als sie es sich wünschen.
Was mich jeden Tag aufs Neue schmerzt, ist, dass die meisten von ihnen im Ideen- oder Planungsstadium buchstäblich stecken bleiben. Wenn ich sie frage, woran das liegt, ist die Antwort vielschichtig … und doch immer wieder die gleiche: „Wenn ich erst … (füge ein beliebiges Hindernis ein) … überwunden habe, dann …!!!“
Ich arbeite nun seit sechs Jahren unmittelbar mit diesen Menschen zusammen (mal ganz abgesehen davon, dass ich über seit 14 Jahren selbst eine davon bin und genau dieselben “guten Gründe” hatte, nicht aus dem Knick zu kommen) und aus meiner Erfahrung kann ich mit Sicherheit sagen: DIESER TAG KOMMT NIE!
Ich verstehe – die Umstände …
Wir sind Berater geworden, weil wir beraten wollen! Und dass unser Alltag das oft nicht zulässt, haben wir uns nicht ausgesucht. Es ist einfach passiert. Wirklich.
Das meine ich überhaupt nicht ironisch, du kannst die Stacheln also ruhig wieder anlegen 😉 Ich habe es selbst erlebt. Es ist tatsächlich nicht unsere Schuld, dass all diese kleinen und großen Zusatzaufgaben in unserer Welt gelandet sind und mehr und mehr Raum darin einnehmen.
Gelegentlich packt uns vielleicht sogar ein Mutanfall und wir wagen einen regelrechten Befreiungsschlag! Wir nehmen alle Kraft zusammen und stecken sie in verzweifelten Aktionismus, um wenigstens ein Mal das Gefühl zu haben, trotz allem das zu tun, was wir wirklich wollen.
Doch der Alltag geht weiter und unsere Kraft ist endlich. Nach einer Weile versiegt die Energie des Mutanfalls und ehe wir uns versehen, finden wir uns genau an dem Ort wieder, an den wir nie zurückkehren wollten. Business as usual … nur eben jedes Mal ein klein wenig enttäuschter, desillusionierter und erschöpfter.
Mehr Eimer sind nicht die Lösung
Stell dir vor, du hast in deinem Haus eine undichte Wasserleitung. So hast dir das nicht vorgestellt, als du dein wunderschönes Haus gebaut hast, oder? Eigentlich wolltest du nur einen geregelten Zulauf. Frisches Wasser, wenn du die Leitung aufdrehst und nur genau so viel davon, wie du brauchst.
Doch nun hat dieser Zufluss eine Eigendynamik entwickelt und literweise Wasser ergießt sich in dein gemütliches Wohnzimmer, wo du eigentlich entspannt auf dem Sofa sitzen und ein Buch lesen, einen guten Film sehen, oder einen geselligen Abend mit deinen Lieben genießen möchtest.
Stattdessen springst du auf und stellst alle Eimer auf, derer du habhaft werden kannst, um das Wasser davon abzuhalten, größere Schäden anzurichten. Wie verrückt rennst du hin und her, schnappst dir volle Eimer, um sie auszuleeren und schnellstmöglich wieder unter einem Leck zu platzieren.
Während deine Hände arbeiten, fragst du dich, ob du je wieder in Ruhe ein Buch lesen wirst und wie dein Wohnzimmer dann wohl aussieht? Und du kannst spüren, wie sich deine Kehle zuschnürt … egal, erst mal musst du mit dem verflixten Wasser fertig werden!
Doch es wird nicht besser. Mehr und mehr Wasser bricht sich Bahn in dein Zuhause. Du rennst schneller und schneller. Verzweifelt fragst du dich, wie du die Wassermassen unter Kontrolle bringen sollst, bevor sie alles zerstören, was du dir aufgebaut hast. Eines ist sicher – dir gehen die Eimer aus … und die Kraft! Dir steht das Wasser buchstäblich bis zum Hals. Du brauchst Hilfe. Sofort. Und mehr Eimer! Jetzt!
STOPP!
So sehr ich dieses Gefühl verstehen kann – mehr Eimer und mehr Hände sind nicht die Lösung.
Was du wirklich brauchst, ist
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Klarheit, um das Ausmaß des möglichen Schadens zu erkennen und zu begrenzen
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Mut, den unvermeidlichen Schaden in Kauf zu nehmen, während du das Problem löst und
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eine Lösung, die dafür sorgt, dass kein Wasser mehr unkontrolliert nachläuft!
Was bedeutet das für dich als Berater?
Der Punkt an dem wir meistens scheitern, wenn wir unseren Mutanfall erleben, ist der, an dem wir denken, wir packen die Beratung einfach auf unser normales tägliches Pensum oben drauf.
Das scheint im ersten Moment ja auch die einzige Alternative zu sein, denn das normale Pensum geht ja nicht weg. Niemand von uns hat Langeweile im Alltag – wenn es so wäre, würden wir ja jetzt schon tun, was wir uns wünschen, oder?
Dumm nur, dass wir die Mathematik, bzw. die Zeitrechnung nicht neu erfinden können. Wenn jetzt schon 100% unserer verfügbaren Zeit verplant sind, können wir keine 110% daraus machen, egal wie sehr wir uns anstrengen. Deshalb – und meistens nur deshalb – sind unsere Mutanfälle von vorneherein zum Scheitern verurteilt.
100% sind 100%
Es ist ein bisschen, als würdest du mitten während des Eimerausleerens innehalten, um ein Buch zu lesen, dann aber merken, dass ein Eimer überläuft und dein Buch in die Ecke werfen. Du leerst den Eimer aus und schnell zurück zu deinem Buch. Machen wir’s kurz: es wird nicht funktionieren, du wirst dich dabei aufreiben und am Ende hast du keine Seite gelesen, dafür aber einen größeren Wasserschaden.
Wenn wir dieses Spiel gewinnen wollen brauchen wir eine Strategie, keinen Putschversuch.
Wenn wir zu etwas JA sagen – zum Beispiel zu mehr Beratung -, dürfen wir vorher (!) ganz bewusst entscheiden, zu was wir dafür NEIN sagen werden. Das ist der Deal. 100% sind 100%. Wir brauchen eine Lösung, die das berücksichtigt.
Mehr Beratung ist NICHT dein erster Schritt!
Wenn du den Fokus wechseln willst, darfst du das gezielt vorbereiten. Nicht mit einem Mutausbruch, sondern mit einer klaren Strategie, die dafür sorgt, dass du dir in deinem bestehenden Business keine Fußangeln auslegst, während du dich auf das konzentrierst, wofür dein Herz schlägt!
Du brauchst ein funktionierendes Business Biotop, in dem du all die Dinge wachsen und blühen lässt, die du dir wünschst und alles übrige, das du selbst nicht mehr tust, ohne dein aktives Zutun gesund gedeihen kann.
Dann hast du deinen Kopf und dein Herz frei, um deine PS auf die Straße zu bringen!
Was ist ein Business Biotop?
Wikipedia sagt sinngemäß: Ein Biotop ist ein bestimmter Lebensraum einer Lebensgemeinschaft in einem Gebiet. Biotope sind die kleinsten Einheiten der Biosphäre. Der Begriff Biotop ist wertfrei. Als Biotope bezeichnet man sowohl natürlich entstandene Landschaftsbestandteile als auch vom Menschen erschaffene Landschaftsbestandteile wie „Betonwüsten“. Ein Biotop ist in den Biowissenschaften ein Lebensraum von Organismen, ein „Biotop an sich“ ist sinnlos, ein „unbelebtes Biotop“ ist keines.
Ich lese im Wesentlichen zwei Dinge daraus: Ein Biotop ist nur so gut, wie die Lebensbedingungen, die es den Lebensformen bietet, die darin wachsen und gedeihen wollen. Und: wir können uns unser Biotop selbst erschaffen!
Für dein Business Biotop bedeutet das, dass deine Systeme, Prozesse und Workflows so ineinander greifen dürfen, dass du, als die wesentliche Lebensform darin, dich auf das konzentrieren kannst, was dich wachsen und gedeihen lässt.
Wenn wir also mehr von dem tun wollen, was auf unser Warum am meisten einzahlt – was unsere PS auf die Straße bringt – sind wir also selbst dafür verantwortlich, dass unser Biotop läuft, wie ein Uhrwerk, bevor wir anfangen, diese neuen Pflänzchen anzusäen.
Wozu sagst du NEIN? Und wer sagt dann JA dazu, wenn überhaupt?
Wenn du also jetzt JA zu mehr Beratung für deine Kunden sagst, werden andere Dinge, für die du momentan deine Energie einsetzt, nicht mehr von dir getan werden können. Deine erste Aufgabe ist also, dafür zu sorgen, dass
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die Versprechungen gegenüber deinen bestehenden Kunden aus den bereits bestehenden Aufträgen weiterhin eingehalten werden. Denn sie vertrauen darauf, dass sie keine Leistungseinbußen oder Überraschungen erleben, auch wenn du selbst nicht mehr jeden Handgriff selbst anlegst.
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manche dieser Versprechen vielleicht nicht in der bisherigen Form erneuert werden.
Wie entsteht dein Business Biotop?
So, nun wirst du gleich vielleicht ein wenig gähnen: Denn der nächste Absatz ist nicht sexy, sondern wirksam. Und darauf kommt es unter dem Strich doch an, oder?
Du erfindest hier übrigens das Rad nicht neu, denn du hast bereits ein Business Biotop! Jeder von uns hat eines, ob bewusst oder nicht. Nur vielleicht nicht das, was uns die optimalen Lebensbedingungen bietet. Damit räumen wir jetzt auf.
Damit es mit deinem Business Biotop klappt, darfst du dir erst einmal über dein System klar werden. Und zwar sowohl über das Gesamtsystem, also die Gesamtheit deiner Kanzlei oder Praxis, als auch über alle Teilsysteme, also Geschäftsbereiche und Aufgaben, die zu einem reibungslosen Ablauf in deinem Business Biotop gehören.
Innerhalb dieser Systeme laufen Prozesse, ob sie nun dokumentiert sind oder nicht. So lange ein Auftrag ein Ergebnis hat (egal welches), gibt es einen Prozess dazu. Idealerweise dokumentierst du deine Prozesse, denn nur so kannst du sicherstellen, dass das Ergebnis so aussieht, wie du es dir vorstellst. Ich bin immer wieder erstaunt, wie unterschiedlich Menschen einen vermeintlich so klaren Zustand wie „fertig“ definieren können 😉
Innerhalb deiner Prozesse hast du bereits bewährte Workflows entwickelt, die das für dich optimale Ergebnis garantieren. Auch die wirst du dokumentieren wollen, damit deine langjährige Erfahrung und Entwicklung nicht ungenutzt versandet, wenn du jemand anders mit der Aufgabe betraust. Das wird dafür sorgen, dass deine Kunden das gewohnte und geliebte Erlebnis erfahren, auch ohne deine aktive Beteiligung.
Wie machst du dir die Welt nun, wie sie dir gefällt?
Das klingt doch schon viel cooler, oder? Und nichts anderes tust du, wenn du dein Business Biotop bewusst für dich gestaltest.
Dein erster Schritt – Dein WARUM
Wenn du etwas in deinem Biotop veränderst, wird das Konsequenzen haben. Für alle, die darin leben. Und nur, weil du das ganz wundervoll findest, muss das nicht für jeden zutreffen.
Es werden Fehler passieren. Du wirst dich entschuldigen müssen. Manche Kunden werden diesen Entwicklungsprozess nicht mitgehen wollen. Manche Mitarbeiter vielleicht auch nicht.
Es wird also vorkommen, dass du ein wenig (oder auch ein wenig mehr) Gegenwind spürst. Das ist in Ordnung und völlig normal. Doch es fällt dir leichter, wenn du dich ganz bewusst auch auf die Momente eingelassen hast, in der vielleicht nicht alle vor Begeisterung “Juhuuu!” schreien. Entscheide dich jetzt bewusst dafür, das auszuhalten.
Was dich durch diese Momente tragen wird, ist dein WARUM.
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Warum willst du nicht mehr so weitermachen, wie bisher?
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Warum wäre das schlecht?
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Warum willst du etwas verändern?
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Was wird danach anders sein?
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Warum ist das gut?
Schreibe dir die Antworten auf diese Fragen irgendwohin, wo du sie jederzeit im Zugriff hast und lies sie dir jeden Morgen und jeden Abend vor, am besten laut! Wirklich! Es macht einen Unterschied.
Dein zweiter Schritt – Kommunizieren
Menschen sind bereit, Vieles mitzutragen, wenn sie verstehen, wozu es gut ist. Hilf deinen Mitarbeitern und deinen Kunden, zu verstehen, was sie davon haben. Sprich mit ihnen über dein Warum und darüber, wie viel schöner und fruchtbarer dein Biotop für alle sein wird, wenn du es umgestaltet hast.
Zeige deinen Kunden, wie viel mehr Wert du für sie schaffen kannst, wenn du dich aus den Fesseln des „Formulareausfüllens“ befreist. Was sie mit deiner Hilfe und deiner Expertise erreichen können, wenn du die Zeit und die Energie hast, dich voll auf sie und ihre Wünsche und Ziele einzulassen.
Nimm deine Mitarbeiter mit, indem du ihnen zeigst, wie viel angenehmer, spannender und zukunftsfähiger ihr Arbeitsplatz sein wird, wenn du deiner Kanzlei oder Praxis endlich den Sprung von den Compliance-Aufgaben in die gut bezahlte Beratung ermöglichst. Und eröffne den Raum für Fehler und gemeinsame Lernprozesse.
Diejenigen – egal ob Kunde oder Mitarbeiter – die deine Vision teilen, werden dir mit Freuden folgen. Die anderen … werden vielleicht an irgendeinem Punkt des Wegs abbiegen. Doch das ist nicht schlimm, denn sie finden ein anderes Biotop. Und andere werden dein Biotop entdecken und sich deiner Vision mit Freude anschließen.
Dein dritter Schritt – Ärmel hochkrempeln!
Starte damit, Raum zu schaffen für deine Vision. Zeichne dein Business Biotop. Zuerst so wie es ist, Dann so wie du es dir wünschst.
Fange an, deine vorhandenen Systeme, Prozesse und Workflows zu dokumentieren, einen nach dem anderen und so, wie sie kommen. Streiche alles, wofür es sich nicht lohnt, einen Prozess oder Workflow zu entwerfen. Wenn du ihn nur für einen einzigen deiner Kunden brauchst, ist es vielleicht für alle Beteiligten zielführender, du übergibst diesen Kunden an einen passenden Kollegen.
Tappe nicht in die Falle, alles erst einmal generalstabsmäßig zu planen, denn das hält dich nur auf und wird sowieso nicht vollständig. Leg einfach los. Dein Business Biotop umzugestalten ist wie eine Weltreise. Im Laufe deiner Reise wirst du überall einmal vorbeigekommen sein. Und es macht einfach keinen Sinn, das Reisetagebuch von Norwegen von Indien aus vorauszuplanen, oder? Du kannst jederzeit etwas nachtragen, wenn es dir einfällt.
Lieber unperfekt starten, als in Perfektion zu erstarren!
Falls du dich jetzt fragst, woher du die Zeit nehmen sollst, dann lege ich dir meinen letzten Blogartikel dringend ans Herz: https://www.profit-first.de/blog/zeit-beratung-5-erprobte-hacks-sofortwirkung/
Und dann?
Dranbleiben.
Deine Wünsche und Ziele zu erfüllen ist nichts, was du zusätzlich in deinen Tag packen kannst. Du brauchst ein funktionierendes Business Biotop, bevor du damit startest. Beginne noch heute mit deinen ersten Schritten zur Gestaltung deines Business Biotops!
Gehe einen Schritt nach dem anderen. Trage jeden Tag dein Warum im Herzen. Und wenn du noch einen Schritt weiter gehen willst, umgib dich mit Menschen, die dein Warum verstehen.
Ein afrikanisches Sprichwort sagt: Wenn du schnell gehen willst, geh allein. Wenn du weit gehen willst, geh mit Freunden.
Du hast keine solche Community? Dann ist vielleicht die Abenteuer Wunschkanzlei-Community das Richtige für dich. Schau gerne einmal vorbei 🙂
Bis bald und viel Erfolg!
Benita
PS: Für diesen Blogartikel darfst du dich bei meiner zauberhaften Technikelfe Sara Menzel-Berger bedanken, denn sie hat mich mit ihrer Blogparade „Wir machen uns die Welt, wie sie uns gefällt“ dazu inspiriert 🙂