Definierst du „fertig“ für Frust oder Lust?
Wieso macht die Definition, die du für „fertig“ hast, überhaupt einen Unterschied in deinem Leben? Entweder etwas ist fertig oder es ist nicht fertig, nicht wahr?
Der Unterschied ist dein Gefühl, wenn du deinen Arbeitstag beendest!
Was unterscheidet einen Friseur von einem Steuerberater?
Zum ersten Mal habe ich darüber nachgedacht, als mir eine meiner Steuerberatungs-Mandantinnen, eine erfolgreiche Friseurin, sagte: „Ganz ehrlich, Ihren Job könnte ich nicht machen!“
Nun ist sie eine sehr intelligente Frau mit ausgesprochen vielen Fähigkeiten, die weit übers Haareschneiden allein hinausgehen. Auf ihre Aussage hin war ich deshalb etwas irritiert und entgegnete: „Na selbstverständlich könnten Sie meinen Job genauso machen wie Ihren. Steuerberatung ist ein Handwerk, wie jeder andere Beruf auch. Man lernt, was dafür notwendig ist, um gute Arbeit abzuliefern. Das mag beim Steuerrecht ein wenig mehr Lernstoff sein als in anderen Berufen, aber im Grunde lernen wir, was dafür notwendig ist. Wir lernen, dieses Wissen anzuwenden und dann kann im Prinzip jeder, der das möchte, jeden Beruf lernen und ausüben. Ich verstehe die Frage nicht.“
Die Revolution von „fertig“
Was sie mir daraufhin erklärte, hat meine persönliche Definition von „fertig“ und „Arbeitstag“ revolutioniert. Denn sie stellte Folgendes richtig: „Nein, nein, das meine ich nicht. Intellektuell könnte ich ihren Job natürlich machen. Ich könnte das alles lernen, das ist mir schon klar.
Was ich nicht ertragen könnte, wäre, meinen Arbeitstag zu beschließen und nicht fertig zu sein!“
Das hat mich zum Nachdenken gebracht.
Was bedeutet „fertig“?
Sie erklärte mir weiter: „Wissen Sie, es ist doch völlig klar. Wenn ich hier abends meinen Friseurladen zusperre, kann ich keinen Kunden mit halb gewaschenem Kopf oder halbfertiger Dauerwelle sitzen lassen. Jeder Kunde wird nach bestem Wissen und Gewissen „fertig“ gemacht, bevor ich meinen Laden schließe.
Wenn ich meinen Laden zusperre, dann weiß ich, dass mein Tagwerk getan ist.
Am nächsten Morgen mache ich meinen Laden wieder auf und beginne mit neuen Aufträgen. Wenn ich mir Ihren Job so anschaue, sind Sie niemals fertig, denn irgendwas ist immer gerade in Bearbeitung. Die Dinge dauern länger als ein Haarschnitt oder sogar eine komplette Dauerwelle und Färbe-Session.
Sie können vielleicht manchmal mehrere Aufträge an einem Tag machen, aber in den meisten Fällen ziehen sich alle ihre Aufträge über einen deutlich längeren Zeitraum hin, als einen Tag.
Das bedeutet, wenn Sie abends Ihre Kanzlei zusperren, sind 1 Million Dinge unfertig.
Das ist es, was ich nicht ertragen könnte.“
So Ihre Aussage.
Feierabend und „nichts“ erledigt?
Dieser Gedanke hat mich gefesselt. Denn tatsächlich ging es mir zu diesem Zeitpunkt und auch heute manchmal noch so, dass ich am Ende des Tages das Gefühl habe, irgendwie ist nichts erledigt und irgendwie habe ich nichts geschafft.
Der Haken mit dem Haken machen
Wir sind darauf trainiert, dass wir Dinge eben erst dann „geschafft“ haben, wenn wir einen Haken dran setzen können. Den Haken können wir aber erst dransetzen, wenn die ganze Aufgabe nach unserer Definition fertig ist.
Als Steuerberater oder Dienstleister oder auch Projektmanager, im Grunde für alle, die über einen relativ langen Zeitraum mit ihren Kunden an ihren Aufträgen arbeiten, ist es doch so, dass wir niemals wirklich fertig sind. Selbst wenn wir mit einem Auftrag fertig sind, sind wir mit zig anderen eben noch nicht fertig, das heißt, wir erleben eine relativ unbefriedigende Situation.
Diese Tatsache schlägt sich auch auf unsere Seele und wir sind häufig niemals wirklich zufrieden mit dem, was wir erreicht haben.
Was können wir also stattdessen tun?
Vielleicht hast du das auch schon erlebt. Möglicherweise erlebst du es sogar jeden Tag, dass du abends nach Hause gehst und denkst: Eigentlich ist nichts erledigt.
Als Inhaber einer Steuerkanzlei kann ich aus eigener Erfahrung sagen, es ist das tägliche Brot, abends die Dinge wieder einzupacken, die wir morgens als Erstes erledigen wollten.
Deswegen erleben wir beinahe niemals diese Befriedigung, ein Häkchen irgendwo dran zu setzen.
Die Zufriedenheit ist nur eine Entscheidung entfernt!
Wenn auch wir dieses Gefühl erleben wollen, dann ist es nur eine Entscheidung entfernt.
Du kannst die Arbeit und die Menge davon vielleicht nicht ändern, aber du kannst „fertig“ für dich anders definieren.
Zum Beispiel: Nicht das gesamte Projekt ist fertig, sondern ein Teilschritt ist fertig.
Projekte sind keine Aufgaben
In unserem Leben und unseren Berufen ist fast alles, was auf deiner To-do-Liste landet, nicht wirklich eine Aufgabe, sondern eher ein Projekt – also eine Gesamtheit, die aus vielen kleineren Aufgaben besteht.
Ein Jahresabschluss ist ein Projekt, eine neue Website aufzusetzen ist ein Projekt. Oft ist es sogar ein Projekt, ein Blogartikel zu schreiben oder einen Prozess zu designen oder was auch immer.
Nun, Projekte dauern eben und je länger es dauert, bis wir dieses kleine befriedigende Häkchen an etwas setzen können, umso mehr und öfter denken wir: Wir haben nichts geschafft.
Doch das stimmt nicht. Du hast nicht nichts geschafft. Du hast den ganzen Tag hart gearbeitet und hast jede Menge geschafft. Nur möglicherweise nicht nach deiner persönlichen Definition, die du von „fertig“ hast, deshalb hast du das ersehnte Häkchen auch nicht erreicht.
3 Tipps um FERTIG neu zu definieren
Die Entscheidung, die du heute für dich treffen darfst, die dich vielleicht genauso erleichtert wie mich, ist zu definieren, was „fertig“ bedeutet. Dazu habe ich drei Tipps für dich.
Action Steps:
Nimm dir jetzt deine To-do-Liste vor oder suche dir einen Platz in deinem Terminkalender, der möglichst zeitnah stattfinden kann. Nimm dir eine halbe Stunde Zeit, um deine To-do-Liste genau anzuschauen. Was steht da drauf, was du noch fertig machen möchtest?
1. Trenne Aufgaben von Projekten
Als erstes markierst du dir alles, was eigentlich ein Projekt und keine Aufgabe ist und teilst es in kleine Schritte, damit du diese kleinen Schritte abhaken kannst.
Wenn es zum Beispiel um einen Jahresabschluss geht, der vielleicht nicht in einem Rutsch erledigt ist, kannst du ihn in einzelne Schritte unterteilen. Ein Jahresabschluss ist ein längerer Prozess und setzt sich aus vielen Prozessschritten zusammen. Wenn du deinen Prozess irgendwo dokumentiert hast, brauchst das nicht mal auf deiner To-do-Liste oder sonst irgendwo noch mal separat aufzudröseln, sondern du kannst dir einfach vornehmen: Heute werde ich die Prozesspunkte 2.1 bis 2.4 dieses Jahresabschlusses erledigen.
Aus deiner Erfahrung kannst du gut einschätzen, ob dich das eine halbe Stunde kostet oder was vielleicht auch zwei Stunden. Doch es ist etwas, was planbar ist, ähnlich wie ein Haarschnitt oder eine Dauerwelle. Es ist eine planbare Zeitvorgabe.
2. Arbeite mit Zeitblöcken
Idealerweise planst du Blöcke in deinem Tag, die nicht länger dauern als zwei Stunden. Denn mal ehrlich, der Alltag eines Dienstleisters oder eines Kanzleiinhabers ist zu agil, um einen Zeitraum von mehr als zwei Stunden zu blockieren, ohne neu zu evaluieren.
Du planst also, heute bestimmte Schritte eines Projektes zu erledigen, weil du abschätzen kannst, wie lange du dafür benötigen wirst und du planst genau diese Schritte in deinem Kalender ein.
Jeden erledigten Schritt kannst du dann abhaken und mit diesem Haken verbindest du die Zufriedenheit und das Glücksgefühl, dass du getan hast, was du dir vorgenommen hast.
Falls du für ein Projekt keinen direkten Prozess hast, an dem du dich von Punkt zu Punkt entlanghangeln kannst, habe ich einen Extra Tipp für dich:
Wenn du schon weißt: Es ist eine längerfristige Sache und ich kann nur grob abschätzen, wie lange es dauern mag. Vielleicht eine Woche oder auch 10 Tage.
In diesen Fällen nimm dir nicht vor, dass du „es“ diese Woche fertig machst, denn damit setzt du dein System für Frust auf.
Plane stattdessen: Ich arbeite heute zwei Stunden an dieser Sache und 30 Minuten an jener.
Diese Aufgaben dürfen auf deine heutige To-Do-Liste!
- 2 Stunden Jahresabschluss XY
- 30 Minuten E-Mails aufräumen … oder was auch immer.
Wichtig ist dabei, dass du es an Zeiten festmachst, denn die Zeitvorgabe, die du dir vorgenommen hast, die kannst du abhaken.
Genieße dein Erfolgserlebnis!
Jetzt kannst du dich fragen: Habe ich oder habe ich nicht zwei Stunden an diesem Jahresabschluss gearbeitet?
Wenn ja, kannst du ein Haken dran machen und dann ist das fertig. Du bist fertig mit dieser Aufgabe für diesen Tag, weil du zwei Stunden eingeplant und zwei Stunden erledigt hast.
Deswegen geht das Projekt nicht schneller oder langsamer voran, doch du bist dabei glücklicher und zufriedener.
3. Führe deine Zeiterfassung
Der dritte Punkt richtet sich jetzt ganz fest an meine Kanzleiinhaber, die das hier lesen:
Zeiterfassung ist wichtig – nicht nur für deine Mitarbeiter, sondern auch und gerade für dich.
Denn wie häufig kommt es vor, dass uns der Tag überfährt, obwohl wir uns so einen schönen Plan gemacht haben? Da ist es tatsächlich manchmal fast egal, ob du deine Projekte klein gemacht hast oder nicht – manche Dinge passieren nicht in deinem Tag, obwohl du sie dir vorgenommen hast, da andere Dinge sich vordrängeln.
An diesen Tagen gehst du abends nach Hause, hast wirklich einen harten Tag gehabt, hast alles gegeben, hast dich eingesetzt und trotzdem das Gefühl nichts erledigt zu haben.
Dann bist du unglücklich und unzufrieden mit dir. Dieses Gefühl kannst du dir mit einem Blick auf deine ordentliche Zeiterfassung ersparen, denn dort siehst du sofort: Okay, ich habe möglicherweise nicht die Dinge getan, die auf meinem heutigen Tagesplan standen, aber ich habe 17 andere Dinge erledigt, die in meiner Zeiterfassung stehen!
Bonus-Frage: Wofür war das wichtig?
Jetzt noch ein Bonus: Wenn du weißt, was du getan hast, dann tu dir selber den Gefallen und werte das, was geschafft hast, nicht selber ab.
Vielleicht denkst du: Ja, aber es war jetzt wieder alles ganz anders und das, was ich wollte, habe ich wieder nicht erledigt.
Dieser Gedanke frustriert dich und unterstützt dich nicht dabei, die Energie für den nächsten Tag zu schöpfen.
Nimm dir stattdessen diesen einen Moment, in dem du dir anschaust, was du tatsächlich getan hast.
Mindestens 80 % davon waren wichtig, da bin ich mir ganz sicher. Vielleicht wichtig für dich, vielleicht für einen deiner Mandanten oder Kunden, vielleicht für einen deiner Mitarbeiter oder aber auch für ein Familienmitglied.
Die Dinge, die dich „abgelenkt“ haben, waren in diesem Moment so wichtig, dass du dich darum gekümmert hast.
Schenke dir den Moment, für dich kurz zu reflektieren: Warum habe ich zugelassen, dass ich das mache, statt der Sachen, die ich mir eigentlich vorgenommen hatte? Für wen war das wichtig und was habe ich dadurch erreicht?
Durch diese Reflexion kannst du Frust ab- und Lust aufbauen, um am nächsten Tag mit mehr Energie zurück zu kommen.
Spurwechsel und Leitplanken
Du kannst dich selbst auch beobachten: was sind die typischen Dinge auf deiner Liste, von denen du sagst: Na ja, da habe ich mich wirklich ablenken lassen und ehrlicherweise war das überhaupt nicht wichtig.
So kannst du Leitplanken einziehen für die Ablenkungen, die nicht wichtig waren.
Und die Dinge, die wirklich wichtig waren und für die du die Spur gewechselt hast – Auf die darfst du stolz sein, auch wenn sie es morgens noch nicht auf deinen Tagesplan geschafft haben.
Das ist mein Impuls heute für dich, für mehr Energie, für mehr Lust statt Frust, bei der Definition von „fertig“. Ich interessiere mich sehr dafür, wie du „fertig“ definierst und ob dich diese Gedanken vielleicht unterstützt haben? Wenn du gerne Unterstützung dabei möchtest, weißt du, wo mein Postfach wohnt. Dann melde dich bei mir oder schreib mir über einen der Social-Media-Kanäle und wir schauen uns gemeinsam an, wie du „fertig“ für dich mit viel mehr Lust und weniger Frust definieren kannst.
PS: Mehr solcher Impulse erlebst du auch live in meinen Masterclasses- für 0€! Schau am besten gleich mal, wann die nächste startet: https://benita-koenigbauer.de/wunschkanzlei-masterclass/
Bis bald, liebe Grüße
Deine Benita.