Bin ich gescheitert? Nur weil ich dort, wo ich angekommen bin, am Ende vielleicht nicht so glücklich bin?
Das ist eine äußerst interessante Frage und diese Woche habe ich mit meinem lieben Kollegen Achim Kremulat genau über diese Frage gesprochen. Wir beide haben uns darüber gewundert, wie oft Menschen eine Situation, in der sie sich befinden, die sich anders anfühlt als das, was sie ursprünglich erwartet haben, wenn sie ihre Ziele erreichen würden, als Scheitern empfinden.
Macht Zielerreichung glücklich?
Wenn wir uns Ziele setzen, denken wir sehr häufig, wenn wir sie erst erreicht haben, dann werden wir glücklich sein.
Nimm mich als Beispiel! Ich habe meine Kanzlei gegründet und habe mich fünf Jahre lang voll reingehängt. Offiziell war ich erfolgreich. Ich konnte überall ein Häkchen setzen und habe auf dem Papier alles richtig gemacht.
Aber als ich dann jedoch „am Ziel angekommen“ war, fühlte es sich überhaupt nicht gut an. Es entsprach in keiner Weise meinen Vorstellungen, Wünschen und Gedanken, wie es sein würde, wenn ich endlich am Ziel bin.
Jetzt könnte man natürlich sagen, dass ich gescheitert bin – durch die Bank gescheitert in allem, was ich getan habe. Doch wenn ich das so ausdrücken möchte, kommt es sehr darauf an, wie dieses Wort für mich besetzt ist. Für die meisten Menschen hat das Wort „Scheitern“ eine negative Bedeutung.
Warum wollen wir nicht scheitern?
Scheitern ist etwas, das wir grundsätzlich nicht wollen, aus verschiedenen Gründen. Das ist einfach eine sprachliche Entwicklung in der Gesellschaft, oder vielleicht verbindest du auch persönliche Erfahrungen mit dem Begriff „Scheitern“. Erlebnisse, die du in deinem Leben nicht wiederholen möchtest oder die du bei anderen beobachtet hast und gesagt hast: „Danke, das brauche ich nicht für mich.“
Wording matters – die Wortwahl ist wichtig!
Wenn wir es genau betrachten, ist „Scheitern“ nur ein Wort. Du entscheidest selbst, wie du dieses Wort wahrnimmst. Theoretisch könntest du es auch positiv besetzen. Oder du erleichterst dir das Leben und verwendest einfach ein anderes Wort, das für dich positive Konnotationen hat. Zum Beispiel „Wachstum“ oder „Entwicklung“.Welche Worte wir in unserem Kopf für uns und unser Leben wählen, auch wenn wir darüber mit anderen sprechen, beeinflusst, wie wir mit diesen Erfahrungen umgehen.
Deshalb werden ich und auch Achim, der ja auch viel mit Menschen arbeitet, die nicht dort angekommen sind, wo sie es sich gewünscht haben, immer wieder gefragt: „Wie kann man so mutig sein, dieses Scheitern zu akzeptieren und offen zuzugeben?“
Unser größter Denkfehler
Die Frage ist doch: Benötige ich überhaupt Mut, um zu meinem vermeintlichen Scheitern zu stehen?
Denn die Frage könnte genauso gut lauten: Brauche ich Mut, anzuerkennen, dass ich mich weiterentwickelt habe und neue Wege kennengelernt habe?
Aus meiner Sicht liegt hier ein großer Denkfehler vor!
Was passiert, wenn wir uns Ziele setzen? Was geschieht denn wirklich, wenn wir uns heute vorstellen: „Hey, ich mache mich jetzt auf den Weg, gründe meine eigene Kanzlei und so weiter, und so stelle ich es mir vor.“
Der Mensch von damals, in meinem Fall die vergangene Benita, hatte bestimmte Gedanken und Vorstellungen von ihrem Ziel.
Doch die fünf Jahre, die nach der Gründung meiner Kanzlei folgten und mich auf diesen Weg führten, während ich überall meine Häkchen gesetzt und alles umgesetzt habe, was man mir gesagt hat, haben mich als Mensch verändert.
Ich habe mich weiterentwickelt. Ich habe viel darüber gelernt, was ich mag und was nicht – und darüber, wie sich die Dinge, die ich mir in meinem Kopf ausgemalt habe, tatsächlich in der Realität anfühlen. Und ich habe erkannt, dass es Dinge gibt, die ich großartig finde, aber auch solche, die ich überhaupt nicht mag, egal wie schön ich sie mir vorgestellt habe.
Das bedeutet, ich war am Ende dieser fünf Jahre ein völlig anderer Mensch. Und dieser Mensch hat dann bewertet, ob das, was ich in diesen fünf Jahren erreicht habe, dem entspricht, was ich mir jetzt für mein Leben wünsche. Nicht dem, was ich mir vor fünf Jahren für mein Leben gewünscht habe.
Das ist der große Denkfehler, den wir machen, wenn wir unser Ergebnis nachdem wir den Weg gegangen sind, anhand der Maßstäbe messen und bewerten, die wir vor Beginn des Weges hatten. Das macht es geradezu unmöglich, den gleichen Maßstab zu verwenden und unser Ergebnis tatsächlich als Erfolg oder Scheitern für uns selbst zu bewerten.
Warum ist das ein Problem?
Das Problem dabei ist, solange ich persönlich denke, dass es irgendwie schlimm ist, dass sich das Ergebnis anders anfühlt, als ich es mir vorgestellt hatte. Oder dass ich etwas vermasselt habe, dass etwas nicht richtig gelaufen ist oder dass ich meine Häkchen nicht ordentlich gesetzt habe, möchte ich mich eigentlich nicht wirklich damit auseinandersetzen. Ich bin einfach nur enttäuscht.
Der Teufelskreis der Enttäuschung
Wenn du dich nicht damit auseinandersetzen möchtest und von Enttäuschung erfüllt bist, wird es dadurch leider nicht besser. Wir können die Zeit nicht zurückdrehen. Du bist jetzt dieser andere, dieser weiter entwickelte Mensch, und dieser andere und weiter entwickelte Mensch findet das Ergebnis eben nicht mehr gut. Und er wird es auch dann nicht gut finden, wenn du versuchst, diese Tatsache zu ignorieren.
Das bedeutet, dass du in einem Teufelskreis gefangen bist. Entweder widmest du dein Leben nun etwas, das du nicht liebst, obwohl du es selbst erschaffen hast. Oder du entscheidest dich dafür zu sagen: „Okay, die Dinge haben sich anders entwickelt, als ich erwartet hatte. Und deshalb akzeptiere ich das jetzt. Ich habe mich weiterentwickelt. Dadurch haben sich auch meine Wünsche, Ziele und Bedürfnisse weiterentwickelt. Und nun gehe ich einen neuen Weg, der es mir erlaubt, neue Ziele zu setzen auf Basis der Erfahrungen, die ich gemacht habe und ich bleibe ich offen dafür, dass sich unterwegs meine Wünsche, Ziele und Bedürfnisse meinem Entwicklungsstand anpassen. Das, was ich mir heute vorstelle, entspricht möglicherweise nicht dem, was ich dann tatsächlich möchte.“
Das bedeutet, dass du auf einem neuen Level wachsen wirst. Du wirst dich auf einer anderen Ebene weiterentwickeln. Du wirst ein viel besseres Gespür dafür entwickeln, ob dein Weg weiterhin zu deinen Zielen passt, und du wirst das unterwegs leichter abgleichen können als beim ersten Mal.
Was kannst du tun, um aus diesem Teufelskreis auszubrechen?
1. Hör auf dich schlecht zu fühlen
Hör auf, dich selbst schlecht zu fühlen, nur weil du nicht das erreicht hast, was du dir vorgestellt hast, nur weil deine Entchen nicht alle perfekt in der Reihe stehen und du dich dabei nicht glücklich fühlst.
Ehrlich gesagt, niemand hat seine Entchen zu 100 % in der Reihe. Ja, natürlich schauen wir nach links und rechts und sehen die Kollegen, und alles scheint großartig auszusehen.
Wenn bei mir jemand von außen auf meine Kanzlei geschaut hat (sogar wenn ich selbst von außen auf meine Kanzlei geschaut habe), könnte man sich leicht fragen: Warum bin ich damit nicht zufrieden? Es scheint doch alles großartig zu sein.
Glaub nicht alles, was du siehst!
Wir sehen nur einen winzigen Ausschnitt vom Leben anderer Menschen. Und dieser Ausschnitt ist auch noch die Schaufensteransicht. Wir sehen nicht die Rumpelkammer im Leben des anderen. Niemand sieht diese Rumpelkammer, denn das ist die Tür, die wir nicht öffnen. Aber glaub mir, ich weiß mittlerweile sicher, dass jeder von uns einen solche Rumpelkammer in seinem Leben hat. Das bedeutet, du bist an dieser Stelle überhaupt keine Ausnahme. Und das ist in Ordnung. Du bist völlig in Ordnung, wenn du das Gefühl hast, dass deine Entchen nicht alle in der Reihe sind, wenn du das Gefühl hast, dass da noch Raum für Verbesserung ist.
Also hör auf, dich schlecht zu fühlen.
2. Hör auf dich schlecht zu machen
Der zweite Schritt besteht darin, aufzuhören, dich selbst schlecht zu machen, indem du dir selbst Eigenschaften zuschreibst, die du als negativ empfindest und definierst.
Finde bitte Worte für das, was in deinem Leben geschieht, für deine persönliche Entwicklung, die du auch zu deinen Kindern oder zu deinem besten Freund sagen würdest.
Niemand würde für andere Menschen die Worte verwenden, die wir für uns selbst benutzen, wenn wir mit unseren Ergebnissen unzufrieden sind. Wir sind viel härter zu uns selbst als zu jedem anderen Menschen. Wir würden nicht einmal auf diese Weise mit jemandem sprechen, den wir nicht mögen, denn das fänden wir nicht richtig aus menschlicher Sicht. Also sei bitte so freundlich und lege die gleichen Maßstäbe für dich selbst an.
Sprich mit dir selbst so, wie du mit einem lieben Freund oder mit deinem Kind sprechen würdest, wenn es unzufrieden mit seiner Situation ist. Du würdest ermutigende Worte finden. Du würdest positive Worte finden und keine negativen Worte, die die Person in ihrer aktuellen Situation noch weiter herunterziehen.
Sei liebevoll zu dir selbst und höre auf, dich selbst schlecht zu machen.
3. Erlaube dir, zu lernen!
Der dritte Schritt ist: Erlaube dir zu lernen.
Erlaube dir, dich zu entwickeln und Dinge, die nicht wie erwartet laufen, als offene Türen zu etwas völlig Neuem, einem anderen Weg, einem anderen Ort zu sehen.
Deine Welt und dein Platz darin sind viel größer als das, was du dir derzeit auf deinem aktuellen Entwicklungsstand vorstellen kannst.
Denn du entwickelst dich jeden Tag weiter, und deine Welt wird jeden Tag größer, unabhängig von deinem Alter. Lasse diese Türen deine Wegweiser sein. Lasse zu, dass sie dir etwas Besseres zeigen als das, was du bisher kennst.
Halte die Türen offen und betrachte sie einfach als einen Weg, eine Idee, eine Innovation und eine Möglichkeit zur Überlegung einer Kursänderung, wenn es dir an deinem aktuellen Ort nicht gefällt. Sage: „Okay, hier ist eine offene Tür, und ich schaue mir an, was dahinter ist. Ich erlaube mir, durch das Schlüsselloch zu schauen oder die ersten Schritte zu gehen.“ Du kannst jederzeit umkehren, wenn es dir dort nicht gefällt. Aber erlaube dir zumindest, hineinzuschauen, ob dort etwas Schönes und Neues auf dich wartet.
Willkommen auf dem „beschleunigten Lernpfad“
Eine meiner Coaches sagt einen sehr schönen Satz:
„I don’t fail, I’m on the accelerated learning path“ – zu Deutsch bedeutet das so viel wie „Ich scheitere nicht, ich befinde mich auf dem beschleunigten Lernpfad.“
Ja, das ist eine Umdeutung (Reframing), und man könnte vielleicht sagen, dass es eine Beschönigung ist. Aber das ist letztendlich völlig egal. Es fühlt sich besser an und es gibt dir die Erlaubnis, mit Neugier voranzugehen, ausgehend von dem Punkt, an dem du zunächst enttäuscht bist, dass etwas nicht so ist, wie du es dir vorgestellt hast. Du kannst dann sagen: „Oh, interessant, das hat sich anders entwickelt, als ich es mir vorgestellt habe. Mal schauen, was von hier aus weiter passiert.“
Das öffnet die Türen für dich, erlaubt dir Wachstum und bringt dich in einen emotionalen Zustand, der es dir ermöglicht, offen damit umzugehen und zu sagen: „Ja, ich habe viel Kraft investiert, aber ehrlich gesagt ist das Ergebnis nicht das, was ich mir vorgestellt habe. Deshalb gehe ich hier weiter. Ich bin noch nicht am Ziel. Es stehen noch neue Schritte auf meinem Weg an.“
Es wird so viel leichter für dich, wenn du dir erlaubst, unerwartetes positiv zu betrachten. Es handelt sich dabei nicht um Schönfärberei, sondern um normales Wachstum während du lebst.
Leben heißt Entwicklung – hab Spaß daran!
Solange wir leben, atmen wir und entwickeln uns weiter. Ob wir das immer wollen oder ob es uns immer gefällt, steht auf einem anderen Blatt. Aber es ist unbestreitbar. Du wirst weiter wachsen. In dem Moment, in dem du die Reise akzeptierst, kannst du sie auch genießen. Du kannst dich darauf freuen und mit Neugier betrachten. Dann wird es viel mehr Spaß machen.
Das ist mein kleiner Impuls für dich heute, für deine Wunschkanzlei und dein Wunschleben.
- Hör auf, dich schlecht zu fühlen, nur weil es sich nicht so anfühlt, wie du es dir vorgestellt hast.
- Höre auf, dich selbst schlecht zu machen, indem du Worte verwendest, die du niemals für jemand anderen benutzen würdest.
- Erlaube dir weiterhin zu wachsen, auch wenn du ein vermeintliches Ziel erreicht hast und nicht vollständig mit dem Ergebnis zufrieden bist.
So einfach ist das 🙂 Wenn du das nicht alleine tun möchtest, weißt du, dass meine Türen immer offen stehen. Melde dich einfach. Sprich mit mir. Wir werden einen Weg finden, deinen Accelerated Learning Path leichter zu gestalten, um voranzukommen und um ein besseres Gefühl in deinem Leben zu entwickeln.
Du wirst den Eindruck haben, dass du neue Türen aufgestoßen hast, anstatt das Gefühl zu haben, gescheitert zu sein.
Ich wünsche dir eine großartige Woche und freue mich darauf, dich bald wieder bei einer anderen Gelegenheit zu sehen.
Servus
Deine Benita