Eine Steuerkanzlei ist kein Saisonbetrieb

Steuer Saison

Eine Steuerkanzlei ist normalerweise kein saisonales Geschäft. Und dennoch – vielleicht geht es dir genauso – fühlen wir uns manchmal so. 

Wobei … mittlerweile stellt sich auch die Frage: 

Was ist eigentlich die Saison?

Wenn wir genauer darüber nachdenken, ist die Saison im Grunde genommen alles, was eine Deadline hat. Und genau diese Deadlines sind die Hauptursache für Stress und übermäßige Arbeitsbelastung in der Steuerkanzlei während der Saison. 

Wie kommt es überhaupt zu diesem Stress?

Was sind die Faktoren, die diesen saisonalen Stress verursachen?

Ich habe mir das genauer angesehen und vier Punkte identifiziert (es gibt jedoch wahrscheinlich noch viele weitere Faktoren, die dazu beitragen, dass wir immer wieder schwallweise von großem Stress und hoher Arbeitsbelastung geplagt werden).

Der erste Punkt sind zu viele Deadlines.

Der zweite Punkt ist möglicherweise weniger Deadlines, aber zu viele Aufträge für die verfügbaren Ressourcen.

Der dritte Punkt ist eine durchlässige Planung.

Und der vierte Punkt sind unerwartete oder andauernde Engpässe in der Kapazität der Mitarbeiter, die wir für diese Aufgaben einsetzen können.

Steckst du gerade mittendrin?

So, wenn du jetzt mittendrin steckst und dich im Saisonende befindest und gerade einfach nichts besser organisieren kannst, dann bleibt dir nur eines übrig: Augen zu und durch.

Lamentieren hilft an dieser Stelle nicht. Es verdirbt nur deine Stimmung und ändert nichts an der Situation. Akzeptiere die Tatsache, dass du dich jetzt in einer unglücklichen Saison-Situation befindest, und finde einen Weg, um damit umzugehen. 

Nichtsdestoweniger möchte ich dir ein paar Tools mit an die Hand geben, die dir sowohl in der aktuellen Situation helfen, als auch für die Zukunft nützlich sein können. 

Überlege für einen Moment, wie es dazu gekommen ist, dass du diesen Stress erlebst: 

Treffen diese vier Aspekte auf dich zu und wenn ja, welche? 

Was kannst du jetzt und in der Zukunft tun, um sicherzustellen, dass sich solche Situationen nicht mehr in diesem Ausmaß wiederholen, damit du mehr Wunschkanzlei in dein Leben bringst. Denn Wunschkanzlei ist das Gegenteil von Druck und Stress in der Saison.

Lass uns deshalb die einzelnen Punkte genauer betrachten, so dass ich dir einige Tipps geben kann, wie ich in meiner Kanzlei damit umgegangen bin oder wie ich sehe, wie meine Abenteuer Wunschkanzlei Intensiv Mastermind oder meine VIP-Kunden in solchen Situationen agieren.

Zu viele Deadlines

Was meine ich damit? Natürlich gibt es die ganz normalen Deadlines, die wir kennen: Umsatzsteuer, Lohnabrechnung, Jahresabschlusstermine, Offenlegungstermine, Steuererklärungstermine. Das gehört zum Arbeitsleben eines Steuerberaters dazu – je nachdem, welches Leistungsportfolio du anbietest.

Schau dir deshalb gerne mal dein Leistungsportfolio genauer an und überlege, wie viele verschiedene Deadlines und vor allem wie viele du derzeit in dein Leben “eingeladen” hast.

Betrachte dabei auch deine Mandantenstruktur. Welche Deadlines sind mit den einzelnen Mandanten verbunden? 

Natürlich haben wir in den letzten Jahren noch ein paar extra Deadlines geschenkt bekommen. Zu manchen davon haben wir vielleicht ein bisschen unüberlegt “ja” gesagt und sie uns damit zusätzlich ans Knie genagelt.

Wenn du bereits in dieser Situation steckst und durch diesen Stress gehen musst, kannst du zumindest daraus lernen, damit es nicht umsonst geschehen ist.

In Zukunft, wenn dich jemand zu einer neuen Deadline einlädt, nimm dir einen Moment Zeit, lehne dich zurück und überlege: Möchte ich diese Leistung anbieten? Ist es für mich in Ordnung, eine weitere Deadline in mein Leben einzuladen? Oder gibt es Bereiche, die ich in Zukunft nicht mehr abdecken möchte, bei denen ich mein Leistungsportfolio bereinige und sage: Das mache ich einfach nicht mehr.

Es mag jetzt seltsam klingen, aber tatsächlich war das einer der ersten großen Schritte, die ich unternommen habe auf dem Weg zu einer mehr oder weniger ortsunabhängigen Kanzlei:

Ich habe mich entschieden, als Erstes die kurzen Fristen abzuschaffen.

Zuerst haben wir die Lohnabrechnung eliminiert. Das war der erste Schritt, den wir unternommen haben. Damit hatten wir die erste kurze Deadline weniger. 

Im nächsten Schritt haben wir die Umsatzsteuervoranmeldung aus unserem Leistungsportfolio entfernt. Wir haben also keine Buchführungen mehr im Haus angeboten, sondern unsere Mandanten aktiv dabei unterstützt, dies selbst zu erlernen und ordnungsgemäß durchzuführen, sodass wir auf dieser Grundlage einen sehr guten Jahresabschluss erstellen konnten. 

Es war kein einfacher Prozess und hat einige Zeit gedauert, aber es hat sich für uns ausgezahlt. Wir haben eine weitere monatliche Frist eliminiert, die uns immer wieder Engpässe bereitet hat. Vielleicht ist das auch eine Idee für dich, dass du bestimmte Fristen aus deinem Leistungsportfolio entfernst, um dich langfristig zu entlasten.

Natürlich haben wir immer noch Jahresabschlüsse und Steuererklärungsfristen gehabt. Doch wie du weißt, lassen die sich deutlich  besser planen, da sie nicht so häufig anfallen, längere Fristen haben und wir uns entsprechend darauf vorbereiten können.

Dein erster Schritt: Schau dir an, welche Fristen du regelmäßig einhalten musst und welche davon du in Zukunft vielleicht nicht mehr bewältigen möchtest. 

Zu viele Aufträge

Vielleicht gibt es nicht so viele verschiedene Deadlines in deiner Kanzlei, aber innerhalb dieser Deadlines gibt es zu viele Aufträge, die du nicht leicht bewältigen und gut einteilen kannst. Das bedeutet, die Kapazitäten der Kanzlei sind ständig aus- oder überlastet. 

Um das zu ändern, darfst du dir die Zeit nehmen, die Kapazitäten der Kanzlei realistisch einzuschätzen.

Es ist völlig menschlich, dass wir, wenn wir beispielsweise fünf Vollzeitkräfte haben, mit 180 bis 200 Stunden pro Woche rechnen, die wir verplanen können. Was wir dabei oft übersehen – nicht bewusst, aber im Stress des Alltags – ist, dass wir Ausfallzeiten haben, zu denen Mitarbeiter abwesend sind und dass es vielleicht auch Fluktuation in unseren Kanzleien gibt. 

Das bedeutet nicht nur, dass wir vielleicht Übergangszeiten haben, in denen wir mit weniger Kapazitäten auskommen müssen, sondern auch, dass es – wenn wir dann wieder vollzählig sind – mindestens ein Teammitglied an Bord gibt, das erstmal auf Betriebstemperatur kommen möchte. 

Es ist also sehr wichtig, realistische Kalkulationen anzustellen und Pufferzeiten einzuplanen. Und ja, ich weiß, einige werden jetzt sagen: „Aber das können wir nicht tun, wir können unsere Mitarbeiter nicht nur zu einer bestimmten Anteil ihrer Stunden auslasten!“

Ganz ehrlich, meine Erfahrung (und der Biologie-Leistungskurs im Abi) hat mich folgendes gelehrt und in der Steuerkanzlei hat es sich bewahrheitet: 

Die Natur verabscheut jedes Vakuum. 

Das bedeutet, wenn du Pufferzeiten kalkulierst, wird es in der Regel trotzdem nicht passieren, dass deine Mitarbeiter dasitzen und Däumchen drehen, weil sie nicht wissen, was sie tun sollen.

Es werden sich Aufträge ergeben, es werden sich Gelegenheiten ergeben. Nur dass du dann in der Situation bist, dass du nicht musst, sondern dass du proaktiv und bewusst entscheiden kannst, ob du diese Pufferzeit jetzt mit irgendetwas zusätzlichem füllen möchtest

Du triffst diese Entscheidungen in der jeweiligen Situation, wenn du betrachtest, wie viel Kanzleikapazität du realistisch gesehen, nach Abzug der Pufferzeiten noch verfügbar hast und wie hoch das Auftragsvolumen ist, zu dem du dich bereits verpflichtet hast – die Versprechen an deine Mandanten, die Aufträge, die bereits im Haus sind oder vereinbart wurden. Dann gleichst du realistisch beide Komponenten ab, ohne das Bild zu beschönigen.

Ich weiß, es ist verlockend zu sagen: „Der eine Auftrag macht das Kraut nicht fett, der dauert vielleicht nicht so lange oder ein bisschen mehr Druck geht schon noch.“ Doch das lohnt sich langfristig nicht. Es wird dich aufzehren, wenn du das tust.

Triff Entscheidungen – jetzt!

Wenn du deine Kapazitäten und Aufträge vor dir hast, ist es an der Zeit, Entscheidungen zu treffen – auch (oder gerade) wenn du schon in der Situation drin steckt. 

Wenn du erkennst, dass du zu viele Aufträge für die aktuellen Kapazitäten hast und sie in dieser Größenordnung nicht fristgerecht abarbeiten kannst, dann wirst du die Frist sowieso nicht einhalten können.

Das bedeutet, du kannst dir den Stress ersparen, der sich am Ende negativ auswirken wird. Du kannst jetzt proaktiv Zusagen neu verhandeln. 

Du kannst jetzt proaktiv Eskalationsstufen festlegen, um Klarheit zu gewinnen, welche Aufträge fristgerecht erledigt werden müssen und bei welchen Aufträgen du dir vielleicht, wenn auch ungern und zähneknirschend, erlauben möchtest, die Frist zu verpassen.

Durchlässige Planung

Ich kenne keinen Steuerberater, der zu Beginn des Jahres nicht eine Vorstellung davon hat, welche Jahresabschlüsse und Steuererklärungen er in welchen Wochen bearbeiten möchte. Aber ich kenne nur wenige Steuerkanzleien, bei denen diese Planung tatsächlich in die Realität umgesetzt wird. Und das liegt tatsächlich an etwas sehr Menschlichem:

Wir können ein Jahr nicht besonders gut erfassen. 

Das heißt, Anfang des Jahres kommt uns das Ende des Jahres unglaublich weit weg vor. Wir haben das Gefühl, wir haben endlos Zeit. Und das führt dazu, dass wir es gemütlich anlaufen lassen, dass wir Störungen und Ablenkungen zum Beispiel im ersten Halbjahr viel leichter zulassen, weil wir immer noch die tiefe Hoffnung hegen, dass wir alles rechtzeitig erledigen werden.

Wenn du dich dabei ertappst, brauchst du also nicht sauer auf dich zu sein. Das passiert uns allen. Und das nenne ich durchlässige Planung. Es bedeutet, wir haben Löcher in der Planung und wir lassen zu, dass dort irgendetwas hinein- und herausschlüpft und wir am Ende im vierten Quartal dastehen, mit einer vollen Ladung Jahresabschlüsse. Wenn dann noch irgendetwas dazwischenkommt, Kapazitätsprobleme oder zusätzliche Deadlines oder sonst irgendetwas, dann fällt uns das einfach maximal auf die Füße.

Aber du kannst diese durchlässige Planung positiv beeinflussen. 

Das Schneckenrennen

Vielleicht kennst du aus meinem Buch Abenteuer Wunschkanzlei das “Schneckenrennen”, das wir in meiner Kanzlei eingeführt haben. Wir haben damit die Workload der Jahresabschlüsse und Steuererklärungen visualisiert. Wir hatten ein Board an der Wand, auf dem jeder Jahresabschluss einen eigenen Pin hatte und wir verfolgen konnten, auf welchem Bearbeitungsstand er sich gerade befand.

Das war ein Kanban-basiertes System, auf dem wir die Pins in Richtung Fertigstellung bewegt haben, sodass wir jeden Tag erkennen konnten, wo wir tatsächlich insgesamt standen. Wenn Mitte des Jahres noch fast alle Pins ganz links standen und noch nicht einmal gestartet waren, wussten wir, dass etwas schief lief und wir gegensteuern müssen. 

Wir haben dadurch sehr viel früher gemerkt: „Okay, jetzt muss sich was bewegen“. Wir hatten dann aber auch dieses Gefühl von „Wir wollen etwas bewegen.“ Das heißt, es war ein anderer Antrieb dahinter. Das haben wir als Kanzlei gemeinsam ge- und erlebt und das hat für uns extrem gut funktioniert.

Damit haben wir es geschafft, unsere persönliche Deadline für Jahresabschlüsse auf den 15. Dezember des Folgejahres zu legen, sodass wir den großen Stress zum Ende der Frist vermeiden konnten.

Vielleicht ist das auch eine Idee für dich, um deine Planung weniger durchlässig zu gestalten. Überlege, wie du visuelle Hilfsmittel einsetzen kannst, um den Überblick zu behalten.

Unerwartete oder andauernde Kapazitätsengpässe

Es kann vorkommen, dass Mitarbeiter unerwartet ausfallen oder dass du Stellen aufgrund der Marktsituation über einen längeren Zeitraum nicht besetzen kannst. Es gibt auch längere Krankheitszeiten, für die wir keine Vertretung finden können. Diese Dinge passieren einfach und wir haben nur wenig Einfluss darauf.

An dieser Stelle schließt sich der Kreis zum ersten Punkt – zu viele Deadlines – und auch zum zweiten Punkt – zu viele Auträge.

Frage dich: 

Wie kannst du deine Pufferzeiten so einplanen, dass es dich nicht aus der Bahn wirft, wenn kurzfristig ein Ausfall eintritt? 

Wie kannst du sicherstellen, dass du einen längerfristigen Ausfall über einen gewissen Zeitraum durchhalten kannst oder von der Gesamtheit des Teams sehr gut aufgefangen werden kann?

Schenke dir die Freiheit und die Flexibilität, dir etwas Zeit zu verschaffen, damit du ruhiger und besonnener reagieren kannst, wenn solche Situationen auftreten. Du musst dann nicht sofort in Panik geraten, sondern kannst die Situation proaktiv angehen. 

Natürlich setzt du alles daran, eine Lösung zu finden und die Stelle wieder zu besetzen, die Aufträge neu zu verteilen. Doch für den Moment möchtest du dich vielleicht der der Aufträge entledigen, die du dir in dieser Situation nicht leisten kannst. Das bedeutet ja nicht, dass du sie nicht später wieder aufstocken kannst, sobald die Kapazitäten wieder vorhanden sind. 

Das sind meine Tipps für dich, um mit der Saisonarbeit und der Überlastung in bestimmten Zeiten umzugehen. Ich hoffe, dass sie dir dabei helfen mit deiner Workload besser umzugehen und dass du dich dadurch leichter, freudiger und entspannter aufstellen kannst.

Gerne unterhalte ich mich mit dir darüber, wie das in deiner Kanzlei konkret aussehen und umgesetzt werden kann. Schreib mir einfach und wir vereinbaren einen Termin, um darüber zu sprechen, wie ich dich unterstützen kann.

Bis dahin alles Liebe,

deine Benita.

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Über die Autorin

Benita Königbauer

Ich bin Benita, Business Mentorin, Profit First Professionals-Ausbilderin, zertifizierte Fix-This-Next-Beraterin, Wirtschaftsmediatorin und Steuerberaterin aus München und ich finde: das Unternehmerleben darf auch leicht sein! Falls Du Dich also schon mal gefragt hast, warum manche Unternehmer offenbar einfach mühelos erfolgreich sind und andere scheinbar immer 'von-der-Hand-in-den-Mund" leben, weißt Du schon, wo ich mich am liebsten tummele 🙂

Außerdem bin ich Übersetzerin für "Bürokratisch - Deutsch", "Umständlich - Deutsch" und "Peinlich - Deutsch" im Bereich Finanzen und Erfolg. Ich schreibe und spreche also über Themen, um die wir gerne einen Bogen machen und deshalb dann eben oft auf der Stelle treten.

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