100 Prozent sind 100 Prozent

Achte auf deine Energie

100 % sind 100 %. Wir erfinden die Mathematik nicht neu.

Doch was meine ich damit, wenn ich dir sage, 100 % sind 100 %? Warum erzähle ich dir das?

Privat vs. Kanzlei

Momentan erlebe ich ganz besonders in meinem Netzwerk, dass zurzeit viele in ihrem Privatleben besondere Herausforderungen zu bewältigen haben. Das ist per se nichts Außergewöhnliches. Jeder von uns hat gelegentlich private Herausforderungen zu bewältigen.

Spannend ist jedoch, was in den meisten Fällen passiert.

In vielen Fällen ist es so, dass wir von uns erwarten, dass wir unsere privaten Situationen – das, was bei uns im normalen Privatleben eben passiert – nicht mit in die Kanzlei tragen. Wir haben eine innere Erwartung an uns selbst, dass wir trotzdem genauso „funktionieren“ müssen wie sonst. Ich glaube jedoch, dass wir uns damit keinen Gefallen tun, denn 100% sind eben immer noch 100%.

100% Energie

Vielleicht hast du mich schon einmal sagen hören: Jeder von uns wacht morgens mit seinem Säckchen voller Energie auf. Wir bekommen jeden Tag neue Energie, um die Herausforderungen des jeweiligen Tages zu bewältigen. Das ist unsere 100 % Energie.

Zusätzlich zu den 100 % Energie haben wir netterweise auch noch eine Reserve erhalten, um Schwankungen auszugleichen.

Leider verleitet diese Reserve uns häufig dazu zu denken, dass wir ohne Weiteres über die 100 % hinausgehen können. Wir denken, dass wir mit dieser Reserve noch ein kleines bisschen mehr von uns verlangen dürfen und noch eins drauflegen können. Wir sagen uns „Komm, das schaffen wir doch auch noch!“ und „Den nächsten Schritt gehen wir auch noch!“.

Doch ich denke, das ist ein Trugschluss, denn diese Reserve ist eigentlich nichts anderes als eine Notstromversorgung.

Notstromversorgung ist für Notfälle gedacht

Vielleicht ist es auch in deiner Kanzlei schon einmal passiert, dass aus irgendeinem Grund die Sicherung geflogen ist. In diesem Fall hast du idealerweise eine sogenannte USV – eine Notstromversorgung – die verhindert, dass dein Server abstürzt.

Doch die Notstromversorgung ist kein Freibrief, um einfach weiterzuarbeiten, ohne das Problem zu beheben.

Sie gibt dir lediglich etwa zehn Minuten Zeit, um dich neu zu organisieren, den Server geordnet herunterzufahren, die Computer und elektrischen Geräte vom Netz zu nehmen. Damit du einen Plan erstellen kannst, wie du mit der neuen Energie-Situation umgehen möchtest, um Schaden an deinen Daten und deiner Kanzlei zu vermeiden.

Genauso verhält es sich mit den Energiereserven im menschlichen Körper. Sie sind eine Notstromversorgung, die für den Notfall gedacht ist, um die wichtigsten Tätigkeiten noch ausführen zu können. Um uns zunächst einmal ohne Kollateralschäden in eine Situation zu bringen, in der wir uns in Ruhe mit der eigentlichen Schadensbeseitigung befassen können.

Das bedeutet jedoch auch, dass die Notstromversorgung – also unsere Energiereserven – nicht dazu da sind, um Dauerbetrieb zu leisten und jeden Tag über unsere 100 % hinauszugehen, ohne ihnen zwischendurch Gelegenheit zu geben, sich wieder aufzufüllen und stabil zu bleiben.

Notfall vs. Dauerzustand

Idealerweise können wir zu Beginn schon absehen, ob sich da etwas Längerfristiges anbahnt oder ob es sich wirklich um ein Notfall handelt.

Wenn etwas Unvorhergesehenes passiert, springt emotional bei uns meist sofort der Notfallmodus an. Wir denken dann: „Oh mein Gott, jetzt ist irgendetwas dazwischengekommen. Ich bin einen Tag krank. Ein Mitarbeiter ist einen Tag krank. irgendeine wichtige Aufgabe ist mir dazwischen gekommen? … Oder auch: Es ist ein Notfall in meinem Privatleben aufgetreten!“

Im ersten Moment ist es auch vollkommen normal und in Ordnung, dass wir erst einmal in den Notfallmodus gehen. Doch danach ist es wichtig, dass wir uns bewusst machen, ob wir gerade im Notstrombetrieb laufen und was das für uns bedeutet. 

Was ist jetzt wirklich wichtig, damit wir mit Hilfe unserer Energiereserve, unserer Notstromversorgung, die Dinge schützen und können, die wirklich von Bedeutung sind?

Dazu gehört das Management unserer Energie, das Management unserer Erwartungen – sowohl im Umgang mit uns selbst, als auch mit Anderen -, sowie die Anpassung an unsere neue Energie-Situation.

100% sind 100% – auf die Verteilung kommt es an

Wenn dein Leben normal verläuft, hast du einen bestimmten Energieverbrauch im Privatleben und einen bestimmten Energieverbrauch in deinem Berufsleben, also in deiner Kanzlei.

Doch manchmal passiert etwas in deinem Privatleben, das anders ist als sonst und mehr Energie von dir erfordert. Sei es durch Konflikte, Krankheiten oder Sorgen, die du dir um deine Eltern, deine Familie oder aus anderen Gründen machst.

In diesen Momenten verändert sich dein Energieverbrauch im Privatleben.

(Dabei geht es mir übrigens nicht um die viel diskutierte „Work-Life-Balance“, zu der ich persönlich ohnehin meine Bedenken habe …)

Stattdessen dürfen wir uns bewusst sein, dass wir normalerweise zum Beispiel 30 % unserer Energie im Privatleben und 70 % in der Kanzlei verbrauchen und dass wir vielleicht plötzlich 50 % im Privatleben benötigen, wenn sich Dinge ergeben, die einen höheren Energiebedarf erfordern. In diesem Fall haben wir nicht mehr 70 %, sondern nur noch 50 % unserer Energie in der Kanzlei zur Verfügung.

Je früher, desto besser

Je früher im Prozess dir klar wird, dass du gerade zu viel von dir verlangst, dass du gerade versuchst, den Normalbetrieb aufrechtzuerhalten, indem du auf Notstromversorgung umschaltest, desto besser für dich und alle anderen Betroffenen.

Denn es kommt der Moment, in dem auch die USV aufgibt. Und in diesem Moment werden alle nicht kontrolliert heruntergefahrenen Systeme abgeschnitten. Genau wie du es mit deinem Server machst: das Erste, was du tust, wenn die USV anspringt, ist, den Server kontrolliert herunterzufahren. 

Genauso darfst du dich in solchen Momenten hinsetzen und dir bewusst machen, dass du nur noch 50 % deiner Energie zur Verfügung hast – und was das bedeutet.

  • Was kann ich mit diesen 50 % leisten?
  • Was steht aktuell tatsächlich auf meiner Agenda und wofür entscheide ich mich jetzt bewusst?
  • Was werde ich momentan nicht leisten, weil ich keine Kapazitäten und keine Bandbreite dafür habe?
  • Wen muss ich darüber jetzt informieren?

Es ist für alle Beteiligten schöner, angenehmer und leichter, wenn du frühzeitig ins Gespräch gehst, Erwartungsmanagement betreibst und auch offen damit umgehst, dass du momentan bestimmte Dinge nicht, wie gewohnt, leisten kannst. Denn dann könnt ihr gemeinsam Lösungen finden.

Wie kannst du das umsetzen?

In dem Moment, in dem du merkst, dass du nicht in deiner vollen Leistungsfähigkeit bist und du die Notstromversorgung angezapft hast, nimm dir kurz Zeit, um dich selbst zu einzuschätzen und zu fragen: In welchem Bereich meines Lebens wird gerade mehr Energie abgefordert, als ich zu leisten, in der Lage bin, und wie kann ich diese Energie neu verteilen?

100 % sind 100 %. Wir erfinden die Mathematik nicht neu.

Das heißt, du verteilst deine normalen Energiereserven auf die beiden Bereiche Privat und Kanzlei. Und wenn das bedeutet, dass du in deiner Kanzlei nicht die übliche Leistung bringen kannst, geh offen damit um.

Sprich mit deinen Mitarbeitern, sprich mit deinen Mandanten. Das bedeutet nicht, dass du einen Seelenstriptease hinlegen und alles offenlegen musst. Das ist überhaupt nicht notwendig. Aber es bedeutet, dass Menschen, die sich darauf verlassen, dass bestimmte Dinge in bestimmten Zeiten passieren, möglicherweise ihre Erwartungen neu bewerten möchten und du ihnen zum Beispiel sagen möchtest: “Okay, bitte erwarte das momentan nicht. Ich möchte jetzt nicht näher ins Detail gehen, aber hier ist der neue Zeitpunkt, zu dem ich es voraussichtlich liefern kann. Bitte richte dich darauf ein.“ Oder dass du auch deinen Mitarbeitern kommunizierst: ‚Momentan bin ich gerade nicht in Top-Verfassung. Bitte sei nicht allzu überrascht, wenn du momentan nicht die Leistung von mir bekommst, die du von mir gewöhnt bist.” 

Die richtigen Menschen können deine Ehrlichkeit vertragen

Menschen reagieren in der Regel sehr offen und ausgesprochen liebevoll auf diese Ehrlichkeit. Bei den Menschen, bei denen du merkst, dass sie nicht menschlich, nicht human und nicht liebevoll auf diese Ehrlichkeit reagieren, möchtest du dich später vielleicht eh nochmal fragen, ob du mit ihnen in Zukunft weiterarbeiten möchtest.

In allen Kanzleien, in denen wir diesen Gedanken schon umgesetzt haben, ist der Anteil der Menschen, die kein Verständnis für menschliche Situationen aufbringen können, verschwindend gering, wenn man vernünftig mit ihnen darüber spricht und sie nicht im Stich lässt.

Also sei ehrlich zu dir selbst. Schau dir an:

  • Wo stehst du gerade mit deinen Energiereserven oder auch mit deinem Energiemanagement?
  • Wie verteilst du deine 100 % momentan?
  • Wo wird deine Energie momentan am meisten gebraucht und wofür hast du gerade keine Kapazitäten zur Verfügung?

Kommuniziere das aktiv und ab dem Moment funktioniert alles besser und leichter. Du selbst kannst auch anders damit umgehen, wenn du weißt, dass bestimmte Dinge jetzt momentan von dir gar nicht erwartet werden, weil du klar kommuniziert hast, dass du sie gerade nicht liefern wirst.

Ich hoffe, dass dieser Impuls dir ein wenig geholfen hat und dir vielleicht auch die emotionale „Erlaubnis“ gibt, deine Energien vernünftig zu verteilen, denn das ist langfristig für alle Beteiligten die beste Lösung.

Ich wünsche dir gute Gesundheit, sodass du niemals auf die Notstromversorgung angewiesen bist. Sollte es doch einmal passieren, sei dir bewusst und klar darüber, was in diesem Moment wirklich wichtig ist. Schone deine Ressourcen und die aller anderen und halte Schaden von euch fern.

Alles Liebe

Deine Benita

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    Über die Autorin

    Benita Königbauer

    Ich bin Benita, Business Mentorin, Profit First Professionals-Ausbilderin, zertifizierte Fix-This-Next-Beraterin, Wirtschaftsmediatorin und Steuerberaterin aus München und ich finde: das Unternehmerleben darf auch leicht sein! Falls Du Dich also schon mal gefragt hast, warum manche Unternehmer offenbar einfach mühelos erfolgreich sind und andere scheinbar immer 'von-der-Hand-in-den-Mund" leben, weißt Du schon, wo ich mich am liebsten tummele 🙂

    Außerdem bin ich Übersetzerin für "Bürokratisch - Deutsch", "Umständlich - Deutsch" und "Peinlich - Deutsch" im Bereich Finanzen und Erfolg. Ich schreibe und spreche also über Themen, um die wir gerne einen Bogen machen und deshalb dann eben oft auf der Stelle treten.

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